Das Burn-out-Syndrom umfasst drei Komponenten
Um zu klären, dass ein Mensch nicht ausgebrannt, sondern vor allem selbstverloren ist, muss man zunächst das Burn-out-Syndrom klären. Die Psychologin Christina Maslach hat viel dazu beigetragen, dem Burn-out-Syndrom auf die Spur zu kommen. Ihren Studien zufolge sind daran maßgelblich drei Komponenten beteiligt. Georg Milzner kennt sie: „Zum einen muss die Person eine ungewöhnliche, ja dramatische Erschöpfung erleben. Ihre Ressourcen scheinen aufgebraucht, Müdigkeit und Konzentrationsmangel sind häufig, der Schlaf bietet kaum ausreichend Erholung und ist oft zudem gestört.“ Es ist diese Komponente, bei der die Metapher des Ausgebranntseins am häufigsten andockt. Die zweite Komponente betrifft die Arbeit. Sie wird eigentümlich distanziert wahrgenommen, oft kommen kalte Ironie und Zynismus dazu. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.
Burn-out-Betroffene erleben sich selbst nicht als effektiv Handelnde
Das freudlose Lachen vieler vom Burn-out-Syndrom Betroffener vergisst man nicht leicht, wenn man es einmal gehört hat. Was Georg Milzner am meisten erschreckt, ist der Umstand, dass die zynische Haltung nicht nur die Arbeit selbst betrifft, sondern auch Personen, die mit dieser Arbeit zu tun haben. Wer die Arbeit mit Burn-out-Betroffenen kennt, der weiß, dass vor der Entwicklung der zynischen Haltung oftmals ein ungewöhnlicher Idealismus, eine besonders ausgeprägte Motivation zu beobachten war.
Zudem erleben Burn-out-Betroffene sich selbst nicht als effektiv Handelnde. Dies ist der dritte von Christina Maslach bestimmte Faktor. Oftmals haben die Betroffenen den Eindruck, alles versucht zu haben, und sind dennoch gescheitert. Psychologen sprechen in so einem Fall von einer fehlenden Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Der New Yorker Psychoanalytiker Herbert Freudenberger beschrieb schon in den 1970er Jahren erstmals die Symptome. Dabei stellte er, der sich als chronisch überlastet empfand, einen Bezug zu seinen eigenen Leben her.
Für Michael Winterhoff ist die Überforderung ein Mythos
Der Psychiater Michael E. Harrer zum Beispiel vertritt die Ansicht, dass Burn-out primär aus Überforderung resultiert. Dazu kommt ein Bedürfnis nach Stressreduzierung und Entschleunigung. Folgerichtig empfiehlt er Achtsamkeitsübungen. Diese vermögen die Stresssymptome wie auch allzu große Hektik zu korrigieren. Herbert Freudenberger hätte dem zugestimmt. Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff meint dagegen, dass die gegenwärtig vielfach beschworene Überforderung ein Mythos sei. Man hat es, so Michael Winterhoff, eher mit einer abnormen Empfindlichkeit gegenüber dem Leistenmüssen zu tun.
In der Tat kann man nicht so einfach behaupten, dass Menschen in der westlichen Welt unter der Last ihrer Arbeit zusammenbrechen müssten. Jedenfalls nicht, wenn man die hier bestehenden Bedingungen mit denen vergleicht, die in ungleich ärmeren Ländern herrschen. Nicht bei jedem vom Burn-out Betroffenen kann man also von Überforderung sprechen. Inzwischen kennt die Forschung die körperlichen Folgen von Überforderung sehr genau: Es sind jene, die man auch Stresserkrankungen nennt. Dazu zählen Muskelverspannungen, Bluthochdruck und Herzprobleme, um nur einige zu nennen. Quelle: „Wir sind überall, nur nicht bei uns“ von Georg Milzner
Von Hans Klumbies