Die Angst vor dem Terror ist weit verbreitet
Die Angst sitzt in den Köpfen vieler Menschen und hat sich, teilweise unbemerkt, in ihren Alltag geschlichen. Auch wenn sie sich dessen manchmal gar nicht bewusst sind oder es sogar abstreiten: Sie schlägt sich in ihrem Lebensgefühl, ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen nieder. Georg Pieper fügt hinzu: „Wir bewegen uns nicht mehr so frei und unbeschwert, wie wir es bislang gewohnt waren.“ Veränderungen in der Lebensgestaltung und im Verhalten der Menschen beobachtet Georg Pieper besonders deutlich im Zusammenhang mit der Angst vor islamistischen Terror. Vieles, was vormals für Freiheit, Lebensfreude, Genuss, Leichtigkeit, für Dolce Vita stand, hat durch die Angst vor Terror einen bitteren Beigeschmack und eine Schwere bekommen. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.
Die Welt schrumpft
Der Verlust der Unbeschwertheit lässt sich bei vielen Menschen auch bei ihrem Urlaubsverhalten beobachten. Nachdem sich ihnen die Welt über Jahre immer weiter öffnete, sie jeden entlegenen Winkel der Erde bereisen und für sich entdecken konnten, schrumpft sie jetzt plötzlich. Der Bewegungsradius wird kleiner. Ehemalige Lieblingsziele werden aus Angst vor Terroranschlägen von der Reisewunschliste gestrichen. Dafür drängen noch mehr Urlauber als sonst an die für sicher befundenen Orte wie die Strände von Mallorca.
Georg Pieper schreibt: „Unterwegs sein ist für viele Menschen heute ein Stressfaktor. Nicht nur das Fliegen ist mit Angst besetzt. Auch in Regionalzügen fährt die Furcht vor Attentaten mit.“ Insgesamt gehen sie viel misstrauischer durch die Welt als früher. An neuralgischen Orten wie beispielsweise Einkaufszentren oder großen Plätzen scannt man die Umgebung fast schon automatisch ab. Das ist ein bekanntes psychologisches Phänomen: Wenn man nach Alarmzeichen sucht, dass etwas nicht stimmt, oder nach Hinweisen darauf, dass Menschen sich merkwürdig verhalten, dann findet man sie auch.
Burn-out hat zugenommen
Georg Pieper stellt fest: „All diese Verhaltensweisen zeigen: Wir sind nicht mehr entspannt.“ Loslassen, durchatmen, zu innerer Ruhe finden, in Balance kommen, das gelingt den Menschen in den westlichen Industrienationen heute grundsätzlich schlechter als in früheren Zeiten. Georg Pieper beobachtet seit geraumer Zeit, dass das Anspannungsniveau bei vielen Menschen in Deutschland steigt. Bei innerlich angespannten Menschen verursache Ängste eine besonders ungesunde Wirkung. Wer sowieso schon unter Stress steht, der verkrampft durch das stark angewachsene Unsicherheitsgefühl und das zunehmende Gefühl von Bedrohung immer mehr.
Seit vielen Jahren beschäftigt man sich in Deutschland mit dem Burn-out-Problem. Burn-out ist eine Modediagnose und eigentlich auch keine Diagnose im klassischen Sinn, sondern eine Zustandsbeschreibung. Doch wie man es auch bezeichnen mag, Burn-out ist ein wichtiges Thema. Denn die Erkrankungen, die mit diesem Zustand einhergehen beziehungsweise durch die dieser Zustand sich manifestiert, sind in der Tat wesentlich häufiger geworden. Georg Pieper ist sicher, dass der permanente Alarmzustand, in dem sich viele Menschen befinden, dieses Problem sogar noch verstärken wird. Quelle: „Die neuen Ängste“ von Georg Pieper
Von Hans Klumbies