Fehlende Zuneigung führt zu bösem Hass
Der Sadomasochismus ist als lustvoller Zerstörungstrieb zu interpretieren. Daneben zielen sadistische Intentionen auf die Bemächtigung des Sexualpartners, auf eine totale Verfügungsbereitschaft und das völlige Aufgeben seiner Eigenständigkeit ab. Reinhard Haller fügt hinzu: „Wenn man einem Menschen jene Zuneigung vorenthält, die er als Kind so gerne gehabt hätte, reagiert er später mit bösem Hass und manchmal mit tödlicher Wut.“ Die zum Bösen führenden Emotionen resultieren auch oft aus Vereinsamung. Die Instabilität sozialer Kontakte entspringt manchmal starken, aggressiv abgewehrten Bindungsängsten, die mit einer emotional gestörten Mutterbeziehung zu tun haben. Beziehungen konfrontieren solche Menschen mit ihren Abhängigkeits- und Autonomieproblemen und haben deswegen eine aggressive Tönung. Sie bekommen nahezu den Charakter einer „Kampfbeziehung“. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.
Im Sexualmord vereinigen sich zwei Formen des Bösen
Die Unreife der Sexualität äußert sich manchmal in perversen sexuellen Verhaltensweisen, unter welchem der Fetischismus und der Transvestitismus sowie der Sadismus dominieren können. Im Sexualmord vereinigen sich zwei Ausformungen des Bösen: die gewalttätige Sexualität und die Tötung eines Menschen. Er stellt eine Kombination von sexuellem Übergriff und Mord dar. Er beinhaltet eine sexuelle Komponente sowie eine Aggression, die schlussendlich zum Tod des Opfers führt.
Neben dem Mord weist die Tat entweder auf einen offenkundigen sexuellen Angriff wie eine Vergewaltigung hin. Es kann sich aber auch um eine sexuelle Symbolhandlung handeln. Diese kann sich beispielsweise in der Nacktheit des Opfers und einer sexualisierten Positionierung des Körpers äußern. Oft werden auch Samenflüssigkeit auf oder neben der Leiche sowie die Schändung der Sexualorgane festgestellt. Manchmal handelt es sich um sogenannte Deckungsmorde, durch die man die Opfer einer vorausgehenden Vergewaltigung zum endgültigen Schweigen bringen will.
Es gibt organisierte und desorganisierte Sexualmörder
Hier spielen sadistische Triebe und sexuellen Tötungslust keine Rolle. In Deutschland ist dieses schwerste aller Sexualdelikte, das in seiner Art und Wirkung dem Bösen sehr nahe kommt, tendenziell rückläufig. Der weltberühmte Profiler Robert Ressler teilt die von ihm untersuchten Sexualmörder in organisierte und desorganisierte Täter ein. Täter vom organisierten Typus stammen oft aus guten familiären Verhältnissen und sind in Mittelschichtfamilien aufgewachsen. Sie haben keine körperlichen und sexuellen Traumatisierungen erlebt und keine frühen Verhaltensauffälligkeiten gezeigt.
Sie weisen meist eine gute Bildung auf, haben sich beruflich etabliert und leben in aufrechten Partnerbeziehungen. Hinter dieser unauffälligen, bürgerlichen Fassade verstecken sich allerdings grauenhafte sadistische Fantasien, denen die Betroffenen in suchtartiger Weise nachhängen. Dies führt zu erheblichen Spannungszuständen, die sich nicht selten in psychosomatischen Störungen, etwa in Kopfschmerzen äußern. Der organisierte Sexualmörder plant seine Tat genau. Er kundet beispielsweise die für den Überfall in Frage kommenden Örtlichkeiten und den angestrebten Fluchtweg genau aus. Quelle: „Das Böse“ von Reinhard Haller
Von Hans Klumbies