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Der Blödsinn ist zur Seuche mutiert

Blödsinn kann durchaus etwas Erfreuliches sein. Der rheinische Karneval zum Beispiel feiert den Blödsinn. Erwachsene Menschen verhalten sich kindisch und albern. Und sie lieben das. Manfred Lütz erläutert: „Die üblichen Kontrollen fallen weg. Das Kind im Manne kann sich genauso austoben wie alle anderen Kinder. Man sieht das Leben von einer ganz anderen Seite.“ Es gibt Leute, die behaupten, Rheinländer seien nur in der sogenannten fünften Jahreszeit, im Karneval, sie selbst. Den Rest des Jahres würden sie sich bloß verstellen und als normal verkleiden, um die anderen nicht zu irritieren. Ähnliches hat Manfred Lütz beim Karneval in Venedig erlebt. Venedig wird zur Bühne und die Italiener spielen in den fantasievollsten Verkleidungen sich selbst und andere. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.

Selbstverliebte Stars sind nicht krank

Es gibt fantasievolle Menschen, die spielen nur mal Blödsinn. Die versuchen auf diese Weise bloß probeweise aus allzu eingefahrenen Gleisen auszubrechen. Allerdings gibt es leider auch Menschen, die wollen den Blödsinn sozusagen persönlich verkörpern. Doch das ist dann nicht lustig, leicht und unterhaltsam. Das ist eher bierernst. Und so etwas gibt es inzwischen flächendecken, es greift um sich wie eine Seuche: der ganz normale Blödsinn. An dem ganz normalen Blödsinn zeigt sich allerdings nur umso drastischer: Das Problem sind die Normalen.

Selbstverliebte Stars sind nicht krank. Sie leiden nicht an ihrer offensichtlichen Egozentrik. Sie machen Geschäfte damit. Auf diese Weise ruinieren sie zwar die sozialen Standards der Gesellschaften, aber das stört sie nicht weiter. Denn der ganz normale Blödsinn, denn sie tagaus, tagein produzieren, verkauft sich prachtvoll. Manfred Lütz stellt fest: „Keine meiner Patientinnen hat sich jemals so dämlich und verantwortungslos benommen wie jene Party-Ladys. Dennoch, behandlungsbedüftig sind die Hiltons, Katzenbergers, Wendlers und Co. jedenfalls nicht. Alles völlig normal!“

Comedy hat nichts mit Humor zu tun

Unterdessen hat sich der ganz normale Blödsinn zu einem eigenen Berufszweig entwickelt. Comedy heißt das Gewerbe und da werden ziemlich mühsame Witze im Fernsehen gewöhnlich mit woanders aufgezeichneten Publikumsbeifall zusammengeschnitten. Comedy hat mit Humor nichts zu tun, Comedy rechnet mit Rudelreaktionen. Man macht sich einfach über alles lustig. Jede noch so entfernte, witzfreie Assoziation mit den Geschlechtsorganen löst wieherndes Gelächter aus.

Das Niveau der Comedy liegt irgendwo zwischen spätem Kindergarten und früher Pubertät. Saublöde Witzfiguren rennen atemlos durch eine Dekoration, die verdächtig nach Kindergeburtstag aussieht. Gegen eine solch elende Quälerei erscheint das Zwangslachen bei Mittelhirnkrankheiten geradezu als Wohltat. Die Witze eines hinreißenden Manikers sind allemal geistreicher als solche abgefahrenen Witzmüllhalden. Der ganz normale Comedy-Blödsinn ist inzwischen sogar drauf und dran, aufs Privatleben überzugreifen. Quelle: „Neue Irre!“ von Manfred Lütz

Von Hans Klumbies

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