Rotraud A. Perner stellt verschiedene Formen des Hochmuts vor
Sowohl beim Hochmut als auch beim Stolz kann man eine Bandbreite von Verhalten beobachten, die sich zwischen zwei Polen ausdehnt. Rotraud A. Perner ist Juristin, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und absolvierte postgraduale Studien in Soziologie und evangelischer Theologie. Ihr aktuelles Buch heißt „Die reuelose Gesellschaft“ und ist im Residenz Verlag erschienen.
Nur ein selbstkritischer Mensch kann Ironie erkennen
Daneben gibt es natürlich auch den sogenannten Dummstolz, in dem Erwachsene Triviales für eine Besonderheit halten und Applaus einfordern. Um des Friedens willen erhalten sie dann auch dieses Lob, manchmal allerdings gepaart mit einem ironischen Lächeln. Aber der Gelobte registriert dies nicht, da er dazu ein Minimum an selbstkritischer Wahrnehmung besitzen müsste. Und diese erwerben Menschen nur in der Konfrontation mit anderen Persönlichkeiten, die sich nicht scheuen, auch wohlverbundene Wunden auszupacken und dem Sonnenlicht auszusetzen. Dann heilen sie in der Regel schneller.
Durch eine narzisstische Objektwahl hoffen manche Menschen insgeheim durch die Paarung mit jemand Überlegenden die eigene Bedeutung zu steigern und damit die lang herbeigewünschte Anerkennung zu erlangen. Einerseits durch das Objekt der Begierde, das als überlegen definiert wird, andererseits durch die Umwelt, von der man sich des guten Fangs wegen beneidet wähnt. Rotraud A. Perner erklärt: „Solch eine Paarung findet sich aber nicht nur im Privatbereich, etwa bei Schulfreundschafen, sondern auch im beruflichen oder institutionellen Alltag.“
Hochmut und Eitelkeit sind auf der Jagd nach Sicherheit
Der Hochmut und die Eitelkeit, die sich darin eingenistet hat, sind nicht nur auf der Suche nach Prestigegewinn, da dieser ja abhängig macht von denjenigen, deren Applaus benötigt wird, sondern auch auf der Jagd nach Sicherheit, der von anderen Unabhängigkeit beschert. Rotraud A. Perner erklärt: „Diese Sicherheit sollte eigentlich als Kind in der alltäglichen Konfrontation mit Unbekanntem durch die Erklärungen liebevoller und besonnener Begleiter erworben werden, und solche benötigt man auch später, wenn in schockierenden Situationen das eigene Repertoire an Coping-Strategien nicht ausreicht.“
Von Hans Klumbies