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Die Freiheit und die Scham werden gleichzeitig geboren

Hilge Landweer schreibt in seinem Buch „Scham und Macht“ folgendes: „Dass faktisch viel Personen, die sich gedemütigt fühlen, zusätzlich Scham darüber empfinden, dass sie in herabsetzender und schikanöser Weise behandelt worden sind. Dies ist allerdings nur möglich, wenn sie sich irgendeine noch so vage Verantwortung dafür zuschreiben, Objekt der Demütigung geworden zu sein.“ Als Beispiel nennt Hilge Landweer, die Schamgefühle, die Frauen und Mädchen haben, die vergewaltigt worden sind. Der Gedanke, dass Scham nur empfunden werden kann, wenn sich das Subjekt in irgendeiner näher zu bestimmenden Weise involviert fühlt, ist für Ulrich Greiner einsichtig. Ulrich Greiner war zehn Jahre lang der Feuilletonchef der ZEIT. Als Gastprofessor lehrte er in Hamburg, Essen, Göttingen und St. Louis. Außerdem ist er Präsident der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

Die Menschen können Gottes Verbote missachten

Der deutsche Soziologe, Philosoph und Anthropologe Max Scheler äußert in seinem Essay „Über Scham und Schamgefühl“ einen ähnlichen Gedanken, wenn er die Unterschiede zwischen Ekel, Aversion und Schamgefühl beschreibt: „Während aber der Ekel ein pures Widerstreben, und zwar in Form eines starken passiven Abgestoßenwerdens von der ekelerregenden Sache ist, verbunden mit einem Vorgefühl der Schändlichkeit jener Sache und einem leisen Brechreiz, hat das Widerstreben der Scham stets eine starke Unterströmung von Anziehung an die Sache, gegen die in ihr widerstrebt wird, zur Voraussetzung.“

Aus der Entscheidung für das Böse entsteht Schuld

Der Philosoph Robert Spaemann hingegen vertritt die These, dass es ein irriger Gedanke sei, dass der Mensch nur durch die Übertretung eines Gebotes sich als Freiheitswesen erfahre: „Die Befolgung des Gebotes erst wäre im eigentlichen und vollen Sinne ein Akt der Freiheit gewesen.“  Der Gedanke ist für Ulrich Greiner durchaus triftig, führt jedoch zur unbeantwortbaren Frage, was gewesen wäre, wenn Adam und Eva das Gebot beachtet hätten und nicht den Apfel vom Baum der Erkenntnis gegessen hätten. Die Gewalt geht zurück auf die Möglichkeit, zwischen Gut und Böse zu wählen. Diese Wahl kann nur derjenige treffen, der frei ist. Frei ist aber nur ein Wesen, das zwischen sich selber und der Welt unterscheiden kann.

Von Hans Klumbies

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