Die Trotzphase ist für alle sehr anstrengend
Wut, Geschrei, Tränen: Die Trotzphase ist anstrengend – für Kinder genauso wie für Eltern. Patrizia Burgmayer erklärt: „Die einen ordnen den Beginn der Trotzphase im zweiten Lebensjahr ein, die anderen sehen sie schon im Babyalter. Die Pädagogin und Buchautorin Susanne Mierau beschreibt dazu etwa die Situation, wenn sich ein Baby beim Wickeln abwendet und zu wehren versucht. Noch schaffe man es leicht, das Baby abzulenken. Bei Kleinkindern wird das schwieriger. Grundsätzlich ist die Trotzphase nichts Schlechtes, sondern ein Entwicklungsschritt: „Kinder möchten die Welt entdecken, brauchen gleichzeitig die Geborgenheit er Eltern“, heißt es etwa im Bayerischen Erziehungsratgeber, dem Online-Erziehungsratgeber des Bayerischen Landesjugendamtes. Hin- und hergerissen von beiden Bedürfnissen seien sie verunsichert. Diese inneren Spannungen führen oft zu heftigen Gefühlsausbrüchen. Motto: „Ich will aber!“
Experten sprechen bei der Trotzphase oft von der Autonomiephase
Wenn der Nachwuchs auf dem Spielplatz, an der Supermarktkasse oder beim Anziehen eine lautstarke Szene macht, schwanken Eltern häufig zwischen der eigenen Wut und Hilflosigkeit. Denn viele Mamas und Papas würden es nach den zahlreichen schlaflosen Nächten des Zahndurchbruchs und der ersten Kita-Infektionen gern ruhiger angehen lassen. Patrizia Burgmayer ergänzt: „Und oft ist auch noch ein Baby im Haus – eine zweijähriger Altersabstand von Geschwister ist recht häufig.“
Manche fragen sich, ob die Konflikte jetzt bis zur Pubertät so weitergehen. Die schlechte Nachricht lautet: Im Grunde schon. Die gute: Dass sich Kinder von den Eltern distanzieren, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung. Patrizia Burgmayer weiß: „Statt von Trotzphase sprechen Experten gern von der Autonomiephase. Denn unabhängig zu werden, ist überlebenswichtig.“ Es sei ein menschliches Grundbedürfnis und damit etwas Gutes, erklärt die Kindheitspädagogin Kathrin Hohmann. Aber grau ist bekanntlich alle Theorie.
Kinder brauchen eine feste Bindung zu den Eltern
Eltern müssen mit der Wirklichkeit klarkommen, und die ist bei einem Trotzanfall meist laut, unschön und sehr anstrengend. Der Bayerische Erziehungsratgeber listet eine ganze Reihe von Tipps auf, welche die Nerven von Müttern und Vätern schonen helfen sollen. Ein Rat lautet: „Je mehr Freiräume ein Kind hat, desto weniger wird es zu Trotzanfällen kommen. Je weniger Neins, desto wirkungsvoller sind sie.“ Zudem sollten Eltern ihrem Nachwuchs Entscheidungshilfen anbieten.
Zweijährige Kinder sind bei Entscheidungen schnell überfordert. Mamas und Papas sollten daher das Kind zwar einbeziehen bei Entscheidungen, aber ihm klare Hilfestellungen geben und die Auswahl begrenzen. Pädagogin Susann Mierau betont: „Obwohl Kinder nach mehr Autonomie streben, brauchen sie eine feste Bindung zu den Eltern.“ Erwachsene sollten im Falle eines Trotzanfalls ihres Kindes auch das eigene Verhalten thematisieren, vor allem, wenn es unbeherrscht war, heißt es im Bayerischen Erziehungsratgeber. Dabei könnte auch eine Entschuldigung angebracht sein. Quelle: „Ich will aber!“ von Patrizia Burgmayer in der „Abendzeitung“ vom 18./19. Februar 2023
Von Hans Klumbies