Nicht allein die Vernunft steuert das Leben
Das Denken, Wollen, Fühlen und Handeln des Menschen hat seine Wurzeln in den natürlichen Trieben und Bedürfnissen. Erfahrungen, Erlebnisse, Gewohnheiten und Erziehung formen und gestalten diese maßgeblich. Ferner prägen diese die persönlichen Haltungen und Werte, das Denken und Entscheiden. Albert Kitzler ergänzt: „Dabei kommt unseren intellektuellen Fähigkeiten eine wesentlich geringere Bedeutung zu, als unser Selbstbild von einem vernunftbegabten Wesen es nahelegt.“ Ganz überwiegend leiten einen Menschen seine Denk-, Wollens- und Verhaltensmuster. Nur einen geringen Teil machen dabei vernünftige Überlegungen und rationale Entscheidungen aus. Man mag das bedauern, dass es nicht der Geist, die Vernunft oder die Weisheit sind, die das Leben steuern. Der Philosoph und Medienanwalt Dr. Albert Kitzler gründete 2010 „Maß und Mitte – Schule für antike Lebensweisheit und eröffnete ein Haus der Weisheit in Reit im Winkl.
Der Mensch kann nur mit größter Mühe seine Triebe zügeln
Denn der gewöhnliche Mensch ist mit Fehlern und Defiziten behaftet, er ist unvollkommen und kann nur mit größter Mühe seine Triebe und Begierden zügeln. Er ist häufig nicht „Herr im eigenen Haus“ wie Sigmund Freud es formulierte. Auf seine natürlichen Instinkte kann sich der Mensch schon lange nicht mehr verlassen. Albert Kitzler erklärt: „Die Dominanz und ein fehlgeleiteter, einseitiger Gebrauch unseres berechnenden Verstandes haben sie weitgehend denaturiert.“
Die Menschen haben vom Baum der Erkenntnis gegessen und dadurch die Einheit mit der Natur verloren, sodass der unverstellte Zugang zu den natürlichen Instinkten beeinträchtigt ist. Albert Kitzler weiß: „Eine der ersten, sicher aber die stärkste Prägung, die jeder Mensch erfährt und die ihn sein ganzes Leben begleitet, ist die Erfahrung, die er während der Schwangerschaft als Embryo im Mutterleib macht.“ Während dieser Zeit entwickeln sich nicht nur der Körper und die Organe, sondern auch das Gehirn, der Wahrnehmungsapparat, die Empfindungen und Gefühle.
Die Dinge stoßen sich hart in der Welt
Unabhängig von der Frage, was und wie viel bereits genetisch vorgeprägt ist, bleibt das, was in dieser Entwicklungsphase erlebt wird und sich festsetzt, bestimmend für das ganze Leben. Albert Kitzler erläutert: „Es ist das Gefühl von Wärme, Geborgenheit, Getragenwerden, Genährtwerden, Fürsorge, Sicherheit, körperliche Nähe, Einssein mit der Mutter, Einssein mit der Natur.“ Auch am Ende dieses Zustands bleibt als prägende Erinnerung tief im Menschen verankert: Unter größten Schmerzen stößt man das Baby mit der Geburt aus diesem paradiesischen Zustand gewaltsam heraus.
Das Erste, was das unter heftigen Wehen herausgepresste Neugeborene tut, ist, verzweifelt zu schreien und zu weinen. Denn es spürt, dass es die Geborgenheit und schützende Hülle der Mutter verloren hat, die zugleich seine Nahrungsquelle war. Albert Kitzler fügt hinzu: „Es wird aus dem wohligen, warmen Einssein mit der Mutter ausgestoßen in ein grelles, kaltes Getrenntsein, abgeschnitten von seinem lebendigen Ursprung. Nackt und ungeschützt wird es hineingeworfen in die Welt, einen unbekannten Raum, in dem sich „hart die Dinge stoßen“ wie Fridrich Schiller einst schrieb. Quelle: „Die Weisheit der Liebe“ von Albert Kitzler
Von Hans Klumbies