Die Sexualisierung betont ein sexy Äußeres
Verdinglichung hat verschiedene Bedeutungen. Eva Illouz erläutert: „Eine andere Person zu verdinglichen heißt, sie meiner Macht und Kontrolle zu unterwerfen, indem ich ihren Wert in einer Weise bestimme, die von meinem Blick und meiner Bestätigung abhängt.“ Wenn Sexualisierung die Macht einer Seite einschließt, den Wert der anderen zu bestimmen, dann folgt daraus, dass sich das sexualisierte Objekt de facto in einem untergeordneten Verhältnis befindet. Die Sexualisierung fördert bei Frauen die Entwicklung der Überzeugung, dass ein sexy Äußeres nicht nur wichtig ist, um Männern zu gefallen, sondern auch, um in allen Bereichen des Lebens erfolgreich zu sein. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Außerdem ist sie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.
Verdinglichung behandelt den Körper als eine Ware
Diese Überzeugung ist der Schlüssel für die Verinnerlichung des sexuellen Blicks, das heißt die Selbstverdinglichung. Eva Illouz ergänzt: „Die meisten Moralphilosophinnen verstehen Selbstverdinglichung als eine Verringerung des moralischen Werts des eigenen Selbst.“ Für Philosophen wie Avishai Margalit und Martha Nussbaum bedeutet Verdinglichung, sich in einer Weise anderen gegenüber zu verhalten, die ihren Wert mindert, entweder auf Grundlage ihres Aussehens oder indem man sie als geringwertiger behandelt oder sich lediglich auf den Körper unter vornehmlich sexuellen Aspekten konzentriert.
Die zweite Bedeutung von Verdinglichung steht in direktem Zusammenhang mit der Kommodifizierung des Selbst. Eva Illouz erklärt: „Sie impliziert nicht nur, dass wir andere und uns selbst hinsichtlich des körperlichen und visuellen Erscheinungsbilds bewerten, sondern auch, dass wir unseren Körper als eine Ware in einem Markt ähnlicher und konkurrierender Waren behandeln.“ Der Körper wird zum Gegenstand des Messens, der Einstufung und der Kommensurabilisierung.
Selbstverdinglichung ruft Formen der Ungewissheit über den eigenen Wert hervor
Drittens schließlich sorgen sich manche feministischen Kritikerinnen vornehmlich darum, dass die Verinnerlichung des verdinglichenden männlichen Blicks den Körper von einem holistischen Verständnis der Persönlichkeit trennt. Eva Illouz stellt fest: „Diese Auffassungen übersehen einen meines Erachtens noch wichtigeren Aspekt der Selbstverdinglichung: Sie ruft verschiedene Formen der Ungewissheit über den eigenen Wert hervor und führt damit zu einer geschmälerten Selbsterfahrung.“ Denn für die meisten Frauen bleibt die Erzeugung ihres sexuellen Werts letztlich eine Schimäre.
In der marxistischen Soziologie ist der Wert einer Ware voll geschaffen, wenn er in einer konkreten sozialen Interaktion realisiert wird, zum Beispiel in einem Verkauf oder Tausch. Eva Illouz fügt hinzu: „Eine vollständige Realisierung des Werts aber, den Frauen schaffen, wird im sexuellen oder ökonomischen Markt oft verhindert, etwa wenn Frauen als „zu alt“ für eine bestimmte Position oder für eine Beziehung gelten.“ Für Frauen fungiert die sexuellen Aufwertung oft als ein nutzlos generiertes Kapital, als ein Wert, der ungewisse oder schlechte Erträge einbringt. Quelle: „Warum Liebe endet“ von Eva Illouz
Von Hans Klumbies