Die Verliebtheit fühlt sich wie ein Rausch an
Die Verliebtheit ist eine Verheißung, die nicht eintritt. Amerikanische Forscher haben die Verliebtheit untersucht. Dabei haben sie herausgefunden: Die Verliebtheit ist ein Rausch. Michael Lehofer erklärt: „Ein Rausch ist definitionsgemäß eine Ekstase, ein Zustand, in dem man außer sich ist. In diesem Fall handelt es sich um eine extreme Aktivierung des sogenannten Belohnungssystems im Gehirn, das wiederum zur Unterdrückung des Aversionssystems führt.“ Das Belohnungssystem motiviert Menschen, während das Aversionssystem sie etwas vermeiden lässt. Daher ist mit Menschen, die verliebt sind, nicht normal zu sprechen. Wenn ein Freund, mit dem man immer tiefsinnige Gespräche geführt hat, gerade verliebt ist, kennt er nur ein Thema. Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Lehofer ist ärztlicher Direktor und Leiter der einer Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Landeskrankenhaus Graz II.
Alle Menschen haben eigentlich ein bisschen Angst voreinander
Der Freund wird oberflächlich, da er psychisch verengt ist – vielleicht könnte man es sogar psychotisch nennen. Michael Lehofer ergänzt: „Erzählt man ihm, dass eine Person, die er immer gern gehabt hat, gestorben sei, reagiert er nur mit einem teilnahmslosen „Ach so“ und spricht dann weiter von der einzigen Angelegenheit, die ihn momentan berührt.“ Verliebtheit wird als tiefes Gefühl erlebt und führt doch zu einer maximalen Oberflächlichkeit der Persönlichkeit.
Es gibt eine zentrale Angelegenheit in Beziehungen. Michael Lehofer erläutert: „Wir alle haben eigentlich ein bisschen Angst voreinander. Denn um einander zu begegnen, müssen wir uns gegenseitig öffnen. Das führt dazu, dass wir in der sehnsüchtigen Hinwendung verletzlich sind und sicher auch verletzt werden.“ Diese Erfahrung führt bei alle Menschen zu einer Nähe-Distanz-Ambivalenz, die eine der wesentlichen Ursachen von Beziehungsproblemen ist. Man möchte seinem Partner nahe sein und gleichzeitig fürchtet man, gerade in der Nähe verletzt zu werden.
Die Verliebtheit ist die einfache Zeit im Leben
Dieser Beziehungstango – vor, zurück, Wiegeschritt! – lässt sich in zahlreichen Beziehungen in der einen oder anderen Form beobachten. Michael Lehofer betont: „Das Zauberhafte an den Verliebtheitsphasen unseres Lebens ist, dass wir in ihnen – und nur in ihnen – der Zwiespältigkeit, die unser Leben schwierig und kompliziert macht, entkommen.“ Die Verliebtheit ist die einfache Zeit im Leben. Nach einiger Zeit wird es dann schwierig. Wenn die Verliebtheit nachlässt, fällt einem nämlich erst auf, dass der andere nicht im Einklang mit einem selbst funktioniert.
Die Symbiosephase, so lautet der Fachausdruck für die Zeit der Verliebtheit, ist vorüber. Es folgt die Phase der Differenzierung. Hier sind Selbstbehauptung und Streit angesagt. Michael Lehofer fügt hinzu: „Man ist erschrocken, dass man plötzlich nicht mehr das projizierte Idealbild vor sich hat, sondern dass der andere sich als weitgehend fremdes Gegenüber entpuppt.“ So gesehen ist jeder Mensch, in den man jemals verliebt war, eine Mogelpackung. Entsprechend ist man in der Regel tief enttäuscht, wenn die Symbiosephase zu Ende ist. Quelle: „40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer“ von Michael Lehofer
Von Hans Klumbies