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Die eigenen Meinungen können heilig werden

Die meisten Menschen sind daran gewöhnt, sich mittels ihrer Überzeugungen, Ideen und Ideologien zu definieren. Adam Grant warnt: „Das kann zum Problem werden, wenn es uns davon abhält, unsere Meinungen zu ändern, während die Welt sich ändert und Wissen sich weiterentwickelt.“ Die eigenen Meinungen können dabei so heilig werden, dass man allein schon den Gedanken ablehnt, im Irrtum zu sein. Das totalitäre Ego macht sich sofort daran, Gegenargumente auszuschalten, Gegenbeweise zu unterdrücken und Lernen unmöglich zu machen. Wer man ist, sollte sich daran orientieren, was man wertschätzt, und nicht daran, was man glaubt. Werte – wie Vortrefflichkeit und Großzügigkeit, Freiheit und Fairness oder Sicherheit und Integrität – sind wünschenswerte Grundprinzipien im Leben. Adam Grant ist Professor für Organisationspsychologie an der Wharton Business School. Er ist Autor mehrerer internationaler Bestseller, die in 35 Sprachen übersetzt wurden.

Die besten Prognostiker durchlaufen mehrere Umdenkzyklen

Die eigene Identität auf diese Art von Prinzipien zu gründen, befähigt Menschen, offen gegenüber den besten Möglichkeiten zu sein und diese weiterzuentwickeln. Wenn man sich über Werte statt über Meinungen definiert, erwirbt man sich die Flexibilität, eigene Praktiken angesichts neuer Beweise zu verbessern. Adam Grants Kollege Phil Tetlock vertritt die Ansicht, dass die Fähigkeit Prognosen zu erstellen, weniger eine Frage des Wissens, sondern der Art zu denken ist.

Der Erfolg von Prognostikern hängt in allererster Linie davon ab, wie oft sie ihre Überzeugungen aktualisieren. Die besten Prognostiker durchlaufen mehr Umdenkzyklen als die anderen. Sie besitzen die selbstsichere Demut, ihre Urteile anzuzweifeln, und die Neugier, neue Informationen zu entdecken, die sie dazu veranlassen, ihre Vorhersagen zu revidieren. Adam Grant betont: „Eine Schlüsselfrage in diesem Zusammenhang ist, wie viel Umdenken nötig ist. Obwohl das Optimum je nach Person und Situation variieren wird, können die Durchschnitte uns einen Hinweis geben.“

Die meisten Menschen gestehen sich einen Irrtum nicht ein

Adam Grant weiß: „Bessere Urteile erfordern nicht unbedingt Dutzende oder sogar Hunderte von Korrekturen. Nur wenige Versuche, umzudenken, können was bewirken.“ Erwähnenswert ist auch, wie ungewöhnlich dieses Level des Umdenkens ist. Wie viele Menschen können sich auch nur daran erinnern, wann sie das letzte Mal einen Irrtum eingestanden und ihre Meinungen entsprechend geändert haben? Die Journalistin Kathryn Schulz bemerkt: „Obwohl uns nur wenige Beweise ausreichen, um Schlussfolgerungen zu ziehen, reichen sie uns selten aus, um diese wieder zu revidieren.“

Die besten Prognostiker zeichnet folgendes aus: Sie brennen darauf, etwas neu zu durchdenken. Sie betrachten ihre Meinungen eher als Vermutungen denn als Wahrheiten – als zu erwägende Möglichkeiten statt zu akzeptierende Fakten. Sie hinterfragen Ideen, bevor sie sie akzeptieren, und sind bereit, sich selbst noch dann weiter zu hinterfragen, nachdem sie sie akzeptiert haben. Sie suchen ständig nach neuen Informationen und besseren Beweisen – vor allem widerlegenden Beweisen. Quelle: „Think Again“ von Adam Grant

Von Hans Klumbies

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