Alfred Adler macht sich Gedanken über die Seele des Menschen
Wenn man die Funktion des Seelenlebens betrachtet, wird klar, dass hier die Entwicklung einer angeborenen Fähigkeit vorliegt, die dazu ausersehen ist, ein Angriffs-, Abwehr-, Sicherungs- oder Schutzorgan vorzustellen, je nachdem, ob die Situation eines Lebensorganismus den Angriff oder die Sicherung verlangt. Ein isoliertes Seelenleben ist laut Alfred Adler nicht vorstellbar, sondern es ist nur ein Seelenleben denkbar, das mit allem, von dem es umgeben ist, verknüpft ist. Es nimmt Anregungen von außen auf und beantwortet sie irgendwie.
Die menschliche Seele ist kein ruhendes Ganzes
Außerdem verfügt das Seelenleben über Möglichkeiten und Kräfte, die notwendig sind, um den Organismus gegenüber der Umwelt oder im Bunde mit ihr zu sichern und sein Leben sicherzustellen. Was sich aus den seelischen Regungen zuerst erfassen lässt, ist selbst wieder Bewegung, die auf ein Ziel gerichtet ist. Deshalb muss man feststellen, dass es ein Trugschluss wäre, sich die menschliche Seele so vorzustellen, als ob sie ein ruhendes Ganzes wäre.
Alfred Adler geht davon aus, dass man sich die Seele nur in der Form von sich bewegenden Kräften vorstellen kann, die allerdings aus einem einheitlichen Grund hervorgegangen sind und einem einheitlichen Ziel zustreben. Wer das Ziel eines Menschen kennt und auch sonst in der Welt halbwegs informiert ist, der weiß, was seine Ausdrucksbewegungen bedeuten können und kann deren Sinn als eine Vorbereitung für dieses Ziel erfassen. Alfred Adler stellt die These auf, dass die Seele keine Naturgesetze kennt, denn das vorschwebende Ziel ist nicht feststehend, sondern abänderbar. Der Mensch macht auf diesem Gebiet seine Gesetze selbst.
Das Ziel eines Menschen bildet sich in den ersten Monaten
Das Ziel, auf das man sich alle Ausdrucksbewegungen eines Menschen gerichtet denken muss, kommt unter dem Einfluss der Eindrücke zustande, die dem Kind durch die Außenwelt vermittelt werden. Das Ideal, das Ziel eines Menschen, bildet sich laut Alfred Adler schon in den ersten Monaten seines Lebens. Denn dort werden schon jene Empfindungen eine Rolle spielen, auf die das Kind mit Freude oder Missbehagen antwortet. Dort werden bereits die ersten Spuren eines Weltbildes auftauchen, wenn auch nur in der primitivsten Art.
Dies bedeutet, dass die Grundlagen für die zugänglichen Faktoren des Seelenlebens bereits in der Säuglingszeit gelegt werden. Dieselben werden immer weiter ausgebaut, sind wandelbar und beeinflussbar. Die vielfältigsten Einwirkungen finden statt, die das Kind zwingen, mit irgendeiner Stellungnahme auf die Anforderungen des Lebens zu antworten.
Von Hans Klumbies