Anderen zu helfen scheint angeboren zu sein
Im Alltag kommen sich die Menschen ständig zu Hilfe. Man hat nichts davon, und es reicht einem in der Regel ein Blick des Dankeschöns als Gegengabe. Heinz Bude fragt: „Warum tun wir das, obwohl nichts passieren würde, wenn wir achtlos wären?“ Das sind einfach zivilisatorische Selbstverständlichkeiten, die man überall findet. Normalerweise wirken alltägliche Hilfen so, wie sie erscheinen: als Signal zwischenmenschlicher Aufmerksamkeit und als freundliche Unterstützung in den Mühen des Alltags. Der Evolutionsanthropologe Michael Tomasello ist der Auffassung, dass diese Art des Helfens angeboren und nicht anerzogen ist. Er führt dafür einige Gründe an. Der erste ist die Tatsache des relativ frühen Auftretens dieses Verhaltens, das im Alter von zwölf bis vierzehn Monaten auftritt. Heinz Bude studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Seit dem Jahr 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel.
Das Helfen selbst bereitet Kindern eine innere Befriedigung
Der zweite Grund ist, dass Belohnungen und Ermutigungen durch die Eltern die Hilfsbereitschaft der Kinder nicht zu steigern vermochten. Man muss daraus den Schluss ziehen, dass den Kindern das Helfen selbst eine innere Befriedigung bereitet. Dieser Umstand ist vor allem für Mütter und Väter kleiner Kinder von Interesse. Belohnungen und Verstärkungen sind nicht immer gut. Man kann dadurch die inneren Bewegründe für soziales Verhalten, für spontane Hilfe, sogar schwächen.
Drittens zeigt sich, dass kulturelle Faktoren nur eine geringe Rolle spielen. Ein vierter Punkt betrifft die Beeinflussung von Hilfeverhalten durch Mitgefühl. Ein ganz wichtiges Argument für die Ansicht, dass es in der menschlichen Natur liegt, Mitmenschen zu helfen, ergibt sich aus dem Vergleich mit Menschenaffen. Diese Hominiden kooperieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen, sogar mit Menschen. Sie zeigen in diesem Zusammenhang auch Verhaltensweisen, die helfenden Charakter haben.
Menschen geben notwendige Informationen an andere weiter
Aber die Menschenaffen helfen nicht so wie die kleinen Kinder, bei denen das Helfen der Zweck der Übung ist. Nur die Menschenkinder helfen um des Helfens willen. Eine spezielle Form des Helfens, die nur beim Menschen vorkommt ist das Weitergeben notwendiger Informationen für andere. Während Kleinkinder informierende Zeigegesten sicher verwenden und zuverlässig verstehen, ist dies bei Menschenaffen anscheinend nicht der Fall. Primaten verwenden untereinander keine Zeigegesten.
Ein Kind kann die Perspektive der hilfsbedürftigen Person übernehmen. Es versteht, wie ihr zu helfen ist. Es kann seine helfende Geste der Person in Not auch so zeigen, dass diese etwas damit anfangen kann. Mit einem Wort: Das Kind weiß durch Übernahme der Perspektive des anderen und durch den Vorschlag brauchbarer Handlungsempfehlungen seinem Nächsten zu helfen. Das kleine Kind zeigt einen spontanen Altruismus, der nicht danach unterscheidet, ob es die erwachsene Person kennt oder nicht kennt. Quelle: „Solidarität“ von Heinz Bude
Von Hans Klumbies