Angst und Panik sind in Deutschland sehr präsent
Angst und Panik sind heutzutage bei vielen Menschen allgegenwärtig und verstärken sich noch durch die aktuelle und medial hochgekochte Furcht vor Terroranschlägen, Finanzkrisen oder Flüchtlingswellen. Angst und Panik sind ebenso wie Depressionen und Burn-out heute keine psychischen Ausnahmetrips mehr, sondern sind sehr präsent. Sie sind ein öffentliches Thema und damit in der Wahrnehmung als Phänomen der Gegenwart schon fast hingenommen und akzeptiert. Richard Schneebauer schränkt allerdings ein: „Betrifft es jedoch einen selbst, fühlen sich dieses Zustände sicher nicht mehr so „normal“ an. Die meisten Betroffenen tun sich nach wie vor schwer, sich diese Gefühlszustände einzugestehen, darüber zu reden oder sind bereit, die Hintergründe genauer zu beleuchten. Vor allem wir Männer!“ Dr. Richard Schneebauer ist Soziologe und seit 17 Jahren in der Männerberatung tätig.
Männer haben scheinbar alles im Griff
Lange Zeit galten besonders Frauen als die „psychisch Anfälligen“. Was da Männer sogar im Namen der Wissenschaft als krankhaft und hysterisch einstuften, hat nicht wenige Frauen in eine Nervenheilanstalt und um ihr Lebensglück gebracht. Frauen galten und gelten auch als die Gejagten, die verzweifelt versuchen, zwischen Herd, Büro und Kindererziehung den beruflichen Anschluss nicht zu verlieren. Die Männer haben mittlerweile stark aufgeholt, was Vereinbarkeitsstress, Burn-out, Depressionen, Angst- und Panikattacken betrifft.
Männer sind ständig am Tun, am Manchen, am Anpacken, unterwegs auf ihrer persönlichen Mission. Richard Schneebauer erklärt: „Tun gehört zum Leben und wir alle lernen auch vor allem darüber! Vieles muss man schlicht tun. Das bringt Bewegung, Dynamik, ein gutes Gefühl, etwas getan zu haben, loslegen, losgehen, Action, Abenteuer, ein Gefühl von Sinnstiftung. Ich tue – also bin ich, ich arbeite – also verdiene ich Geld. Ich leiste etwas – also bekomme ich Anerkennung, ich mache – also habe ich alles im Griff.“
Die größte Gefahr für Macher ist eine Art Tunnelblick
Dieses Machen, Anpacken, immer etwas tun müssen, kommt in der Regel in Kombination mit der Lösungsfixiertheit von Männern daher. Gerade Männer überschätzen die Belohnungen, die ihnen das Tun in Aussicht stellt. Sie sind gefährdet, sich im Erledigen von Aufgaben und Pflichten zu verlieren. Im Aktivitätsmodus wollen sie nicht gestört werden, fertigen andere ab, um bei der Sache bleiben zu können. Kein Hindernis soll sie von einer zu erledigenden Sache abbringen. Diese Eigenschaft ist eine der größten Stärken und gleichzeitig eine der größten Schwächen vieler Männer.
Die Stärken dieser Umsetzungsqualitäten liegen auf der Hand: Nicht das lange Reden, sondern das Tun bringt vieles in Gang. Besonders beeindruckend zeigt sich das beispielsweise bei Männern, die mit Sachverstand und mit der Kraft ihrer Hände arbeiten. Im zwischenmenschlichen Bereich erweist sich diese Qualität allerdings oft als hinderlich. Die große Gefahr für den Macher, den Umsetzer, den unermüdlichen Anpacker ist eine Art Tunnelblick, ein eingeengt sein, auf das kurzfristig umzusetzende Ziel, ohne den Prozess, das Gegenüber, das Links und Rechts im Auge zu haben, ohne die Übersicht über sich und die Auswirkungen seines Tuns auf andere im Blick zu haben. Quelle: „Männerabend“ von Richard Schneebauer
Von Hans Klumbies