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Bauchgefühl und Reflexion bilden ein gutes Team

Im Allgemeinen sind viele Menschen geneigt, ihren Eingebungen und Ahnungen zu trauen. Warum ist das so? John Bargh erläutert: „Prinzipiell aus demselben Grund, aus dem wir unseren Sinnen trauen. Informationen, die uns mühelos und auf natürliche Weise zu Bewusstsein kommen, ohne dass wir versuchen sie zu ergründen oder auf sie Mühe verwenden, scheinen wahr und einfach da zu sein.“ Dabei gilt: Je anstrengender ein bestimmter Gedanke auftaucht, ohne dass man versucht hat, ihn herbeizuführen, desto höher schätzt man seinen Wert und desto weniger bezweifelt man seine Wahrheit. Der Mensch ist darauf programmiert, seinen Sinnen zu vertrauen, ohne sie anzuzweifeln. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

Mindere Ziele verlangen kein großes Risiko

Auch wenn viele Menschen dazu neigen, ihren Eingebungen und Ahnungen nicht zu trauen, wissen sie, dass sie falsch sein und in die Irre führen können. Das Bauchgefühl nicht anzuzweifeln, kann manchmal dazu führen, dass man auf die Nase fliegt. Also stellt John Bargh zwei Grundregeln auf, wann man seinem Bauchgefühl trauen soll: „Regel Nr. 1: Sichern Sie Ihr Bauchgefühl zumindest mit ein wenig bewusster Überlegung ab, sofern Ihnen dafür Zeit bleibt.“

Bewusstes und unbewusstes Denken haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und wenn möglich beides zu nutzen, ist die beste Vorgehensweise. John Bargh erklärt: „Regel Nr. 2: Bleibt Ihnen keine Zeit zum Nachdenken, dann lassen Sie sich von Ihrem Bauchgefühl nicht verleiten, für mindere Ziele große Risiken einzugehen.“ Entscheidungsforscher schätzen in der Regel Eingebungen und Ahnungen nicht so sehr und neigen dazu, die bewusste Reflexion als edlen Ritter darzustellen, der zur Rettung des irrtumsanfälligen Bauchgefühls heranprescht.

Unbewusste Entscheidungen können bewussten überlegen sein

Aber auch edlen Rittern können Fehler unterlaufen. Ja, man kann seine Entscheidungen zu wenig, aber auch zu viel durchdenken, sodass gerade die bewussten Überlegungen diejenigen sind, die einen Menschen auf Abwege führen. Die psychologische Wissenschaft war lange davon ausgegangen, dass Urteile und Entscheidungen nahezu bewusste Aktivitäten sein. Neuere Forschungsergebnisse haben allerdings gezeigt, dass die Urteile selbst unbewusst gefällt werden können, in einem Zeitfenster, in dem das bewusste Denken durch etwas ganz anderes abgelenkt wird.

Und nicht nur das – noch provokativer war die Schlussfolgerung, dass die Resultate der unbewussten Entscheidungsprozesse oft den bewusst gefällten Urteilen überlegen waren. Schon Sigmund Freud hatte in „Die Traumdeutung“ geschrieben: „Die kompliziertesten Denkleistungen sind ohne Mittun des Bewusstseins möglich.“ Heute weiß man: Unbewusste Entscheidungen sind meist besser, wenn es sich um ein komplexes Urteil handelt und viele verschiedene Dimensionen oder Aspekte mit einbezogen werden müssen. Quelle: „Vor dem Denken“ von John Bargh

Von Hans Klumbies

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