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Belohnungen aufzuschieben schützt vor Verletzlichkeiten

Die kognitiven und emotionalen Kompetenzen, dank deren Vorschulkinder auf größere Belohnungen warten können, ebnen ihnen den Weg zur Entwicklung psychischer Ressourcen, Einstellungen und sozialer Beziehungen, die ihre Chancen verbessern können, ein erfolgreiches Leben zu führen. Außerdem schützt die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben, das eigene Selbst. Walter Mischel erklärt: „Denn sie hilft uns dabei, unsere persönlichen Verletzlichkeiten – Vulnerabilitäten – effektiver abzuschirmen und zu regulieren, unsere heißen, impulsiven Reaktionen abkühlen zu lassen und auch die Konsequenzen unseres Handelns zu bedenken.“ Zunächst einmal würdigt Walter Mischel das heiße System. Die Menschen sollten auf das hören, was es ihnen sagt, und von ihm lernen. Es schenkt ihnen die Emotionen und die Freude, ohne die das Leben nicht lebenswert ist, und es erlaubt reflexartige Urteile, die sich manchmal bewähren. Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

Das heiße System entscheidet oftmals völlig falsch

Walter Mischel gibt allerdings auch zu bedenken: „Aber das heiße System hat auch seine Nachteile. Es trifft mühelos schnelle Entscheidungen, die sich intuitiv richtig anfühlen, aber oftmals völlig falsch sind.“ Es kann zwar einem Menschen das Leben retten, indem es ihn dazu bringt, rechtzeitig auf die Bremse zu treten, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, oder in Deckung zu gehen, sobald er in der Nähe einen Schuss hört. Aber es kann ihm auch Ärger einbringen. So kann es beispielsweise Liebespaare durch Eifersucht und Misstrauen auseinandertreiben.

Die Exzesse des heißen Systems, die Versuchungen, mit denen es Menschen ködert und denen sie nicht widerstehen können, die überstürzten Schlussfolgerungen und Entscheidungen, zu denen es drängt, können die Gesundheit, das Wohlbefinden und das Vermögen gefährden oder sogar ruinieren. Die natürliche Selektion hat das heiße System geformt, damit die Menschen in einer vom Kampf ums Dasein geprägten Welt überleben und ihre DNA verbreiten. Aber im Lauf der Evolution hat sie, wenngleich viel später, auch das kühle System hervorgebracht.

Selbstkontrolle ermöglicht ein aktiv gestaltetes Leben

Dem kühlen System verdanken die Menschen die Fähigkeit, intelligent, fantasievoll, einfühlsam, weitsichtig und manchmal sogar weise zu handeln. Walter Mischel erläutert: „Es erlaubt uns, die Bedeutung von Ereignissen, Situationen, Menschen und überhaupt unser Leben neu zu bewerten und neu zu deuten.“ Die Fähigkeit auf konstruktive Weise anders zu denken, kann die Auswirkungen von Reizen und Lebensereignissen auf das Fühlen, Denken und Handeln verändern. So können Menschen zu selbstbestimmt und zielgerichtet handelnden Personen werden, die in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen.

Diese Menschen sind zudem in der Lage Selbstkontrolle auszuüben und ihr Leben aktiv zu gestalten. Die mentalen Mechanismen, die Selbstkontrolle angesichts von Verlockungen ermöglichen, spielen auch eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen, unangenehme Gefühle wie Trennungsschmerz und Zurückweisung durch andere zu regulieren und abzukühlen. Diese Mechanismen werden durch das psychische Immunsystem unterstützt, das überaus geschickt darauf hinarbeitet, unsere Selbstachtung aufrechtzuerhalten und Stress abzubauen. Quelle: „Der Marshmallow-Test“ von Walter Mischel

Von Hans Klumbies

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