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Der Hassende will den Gehassten schädigen

Alle feindseligen Gefühle sind Ablehnungsgefühle, dies gilt auch für die scheinbar harmloseren Verwandten des Hasses wie Ärger, Ekel, Empörung, Neid, Verachtung, Wut und Zorn. Christoph Demmerling weiß: „Der Hass ist nicht deshalb ein so brisantes Gefühl, weil er eine Form der Ablehnung darstellt, sondern weil er – anders als aversive Gefühle wie Ekel, Wut oder Zorn – auf die Schädigung des Gehassten zielt.“ Darauf sind die Kräfte des Hassenden in konzentrierter Form gerichtet. Die mit dem Hass verbundenen destruktiven Energien und Impulse der Mobilisation scheinen ungleich größer als im Fall anderer negativer Gefühle. Hass ist mit Feindschaft und in der Regel mit offener Gewalt oder zumindest mit Gewaltphantasien verbunden. Univ.-Prof. Dr. Christoph Demmerling lehrt Philosophie mit dem Schwerpunkt Theoretische Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.

Der Hass besitzt Tiefe und Zentralität

Im extremen Fall geht es um die Vernichtung des Gehassten. Christoph Demmerling betont: „Letztlich ist Vernichtung als folgerichtige Konsequenz des Hasses anzusehen. Wer ernsthaft hasst, kann nichts anderes wollen als das Verschwinden oder den Tod des Gehassten. Wäre der Hass eine magische Kraft, würden die Hassenden das Gehasste einfach aus der Welt schaffen.“ Scheidungskriege, Morde, politisch oder religiös motivierte Attentate bezeugen dies ebenso wie Genozide und andere Gräueltaten, die ihre Spuren in der Weltgeschichte hinterlassen haben und nach wie vor die Gegenwart in vielen Teilen der Welt prägen.

Der Impuls der Vernichtung, der dem Hass innewohnt, ist eines der Merkmale, durch die sich Hass deutlich von anderen feindseligen Gefühlen unterscheiden lässt. Christoph Demmerling ergänzt: „Ein weiteres, spezifisches Merkmal des Hasses besteht darin, dass er Tiefe und Zentralität besitzt. Diese von Aurel Kolnai verwendeten Ausdrücke sind erläuterungsbedürftig. Die Rede von der Tiefe des Gefühls betrifft die Frage nach der Verankerung eines Gefühls in der Psyche.“

Hassende werden zur Gänze vom Hass ergriffen

Tief ist ein Gefühl, wenn es alle Bereiche einer Person im Sinne einer grundierenden Tönung durchzieht. Es muss aber nicht unbedingt einen tiefgreifenden Einfluss auf die Lebensgestaltung haben und auch nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Christoph Demmerling erklärt: „Die Rede von der Zentralität hingegen bezieht sich auf die aktuelle Stellung eines Gefühls in der Psyche, darauf, dass es die Aufmerksamkeit gefangen nimmt.“

Als Beispiele für tiefe Gefühle ohne Zentralität lassen sich mystische Stimmungen anführen, Beispiel für ein Gefühl mit Zentralität, aber ohne Tiefe ist der Ärger über mangelnden Service in einem Restaurant. Christoph Demmerling erläutert: „Solche Gefühle können zwar unmittelbar mit einem Handlungsdruck verbunden sein, aber auch schnell wieder verfliegen. Das ist beim Hass anders. Hass ist sowohl tief in dem Sinne, dass Hassende zur Gänze von dem Gefühl ergriffen werden, sie ihm kaum entkommen können, als auch zentral, er bindet die Aufmerksamkeit.“ Quelle: „Feindselige Gefühle“ von Christoph Demmerling in Philosophicum Lech Band 25 „Der Hass“

Von Hans Klumbies

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