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Das Böse lässt sich nur unzureichend erklären

Die meisten Menschen sprechen nicht gerne über das Böse, sie umschreiben und vermeiden den Ausdruck, halten ihn für dunkel und bedrohlich, für vielschichtig, mehrdeutig, unwissenschaftlich und undefinierbar – und sie wissen doch, was damit gemeint ist. Das Böse ängstigt und bedrückt sie, es ist unheimlich, unfassbar und sehr oft unaussprechbar. Es fällt ihnen schwer, das Böse zu benennen, selbst den bloßen Ausdruck nehmen sie kaum in den Mund. Laut Reinhard Haller tun sich viele Menschen schwer, das Böse in ihrem Inneren zu betrachten, böse Absichten als solche kundzutun und das Wort an sich auszusprechen. Man kann seiner Meinung nach den Begriff des Bösen tatsächlich nur schwer beschreiben und nur unzureichend erklären. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Das Böse ist der Inbegriff des Schlechten und Zerstörerischen

Der Ausdruck des Bösen ist geprägt durch Merkmale wie aggressiv, frevlerisch, infam, amoralisch, krank, gemein, niederträchtig oder teuflisch. Eigenschaften wie Gehässigkeit, Rachsucht, Neid, Missgunst, Arglist, Übelwollen, Hinterhältigkeit oder Verschlagenheit sind in diesem Gedankengebäude des Verwerflichen ebenso enthalten wie alles, was mit Zerstörung, Krankheit, Katastrophe, Verderben und Verbrechen zu tun hat. Das Böse ist – wie der Bochumer Psychiater Prof. Theo R. Payk formuliert – ein mysteriöses Konstrukt, unter dessen Dach sich alle möglichen Varianten des Unguten versammeln.

Das Böse ist also der Inbegriff des Negativen, des Schlechten und des Zerstörerischen. Im Gegensatz zum unscharfen Begriff des Hauptwortes wird das Eigenschaftswort „böse“ nuanciert eingesetzt. Menschen sprechen von bösen Krankheiten und bösem Willen, von bösen Geschichten und bösen Zeiten, von bösem Erwachen und bösen Überraschungen oder bezeichnen ein erkranktes Organ als böse. Redet man von bösen Jungs oder bösen Mädchen, die angeblich zwar nicht in den Himmel, aber sonst überall hinkommen, ist durchaus ein Augenzwinkern dabei.

Einige Philosophen sehen das Böse als notwendig an

Mit dem Bösen haben sich Theologen und Philosophen, Soziologen und Biologen, Juristen und Kriminologen beschäftigt. In religiöser Sicht wird unter dem Bösen eine gottfeindliche Haltung verstanden. Nach jüdisch-christlicher Theologie resultiert das Böse aus dem Ungehorsam gegenüber Gott. Das Böse wird durch den Satan, den Fürst des Bösen, personifiziert. Als verführerischer Feind des Menschen ist er der Gegenspieler Gottes. Unter den mannigfachen Interpretationen der Philosophie ragen einerseits jene des unabwendbaren Übels, welche man wie eine Naturkatastrophe erdulden muss, andererseits die des selbst herbeigeführten Missbrauchs der menschlichen Freiheit heraus.

Nach Augustinus kommt das Böse aus dem freien Willen des Menschen, der durch die Erbsünde Schuld für sein Leiden trage, in die Welt. Immanuel Kant sieht den Ursprung des Bösen in der durch Egoismus, Gier oder Hass geprägten menschlichen Natur. In seinem Werk „Über das radikal Böse in der menschlichen Natur“ hält er den Menschen zwar nicht für bösartig, glaubt aber an eine Neigung zum Bösen, die sich überwinden lasse. Einige Philosophen sehen das Böse als notwendig an, um dessen Gegenstück, das Gute, überhaupt zu erkennen. Quelle: „Das Böse“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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