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Der Mensch strebt nach Selbstverwirklichung

Ob im wissenschaftlichen, künstlerischen, unternehmerischen, sozialen oder familiären Bereich, der Mensch ist stolz auf sein Werk, weil es nicht zufällig, sondern als Ergebnis seines Wirkens entsteht. Es steht für Erfolg, für die Entfaltung der Persönlichkeit und für Selbstverwirklichung. Markus Hengstschläger weiß: „Das individuelle Bedürfnis nach Selbstverwirklichung bildet die fünfte und höchste Ebene der maslowschen Bedürfnispyramide. Der Mensch strebt nach der Ausschöpfung seiner Potenziale, um seine Sehnsüchte und Wünsche zu realisieren und seinem Leben einen Sinn zu gegen.“ Auf Ebenen darunter finden sich körperliche, seelische und materielle Sicherheit unter den Sicherheitsbedürfnissen, Freiheit und Unabhängigkeit unter den Individualbedürfnissen, und soziale Bedürfnisse. Der Homo sapiens ist ein soziales, auf Gemeinschaft angelegtes, Gemeinschaften bildendes politisches Wesen – Zoon politikon. Professor Markus Hengstschläger ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien.

Immanuel Kant versteht Freiheit als Autonomie

Der Homo sapiens lebt in Gesellschaft. Er bildet Gesellschaften, die aus verschiedenen, sozial handelnden und interagierenden Individuen bestehen. Markus Hengstschläger erklärt: „Daraus ergibt sich, dass die Bedürfnisse der Einzelnen in der Gesellschaft aufeinandertreffen, wechselwirken und einander auch gegenseitig beschränken können.“ Immanuel Kant sagt: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“ Freiheit heißt demzufolge keineswegs, tun zu können, was man will.

Immanuel Kant versteht Freiheit mehr als Autonomie, in der man sich aber an jene Gesetze hält, die man selbst geschaffen hat. Wer aus vernünftiger Einsicht handelt, handelt frei. 1785 hat Kant den der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ seinen kategorischen Imperativ, den er selbst in verschiedenen Formulierungen verbreitete, auch so beschrieben: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Die Beschneidung der Freiheit hemmt die Lösungsbegabung

Markus Hengstschläger fügt hinzu: „Der russisch-britische Philosoph Isaiah Berlin verstand unter „negativer Freiheit“, dass man nicht von der Gesellschaft oder vom Staat, bei dem was man tun will, eingeschränkt wird. Mit „positiver Freiheit“ beschreibt er, etwas zu tun oder zu lassen, nach eigenem Willen und mit Vernunft.“ Negative Freiheit – von etwas – von äußeren Zwängen wird erst durch positive Freiheit – zu etwas – mit Inhalten gefüllt, indem sich Menschen wirklich autonom dazu entscheiden, etwas zu tun.

In einer liberalen Gesellschaft darf die negative Freiheit nur so sehr beschnitten werden, wie es unbedingt notwendig ist, damit die Gesellschaft funktionieren kann und andere nicht zu Schaden kommen. Markus Hengstschläger stellt fest: „Wann immer man die Freiheit mehr beschneidet, hemmt man auch die Entfaltung von Lösungsbegabung. Das ungerichtete Denken von Neuem, das Ausprobieren von noch nie Dagewesenem und das Entwickeln von Innovationen, ob in der Wissenschaft, der Bildung, in Kunst und Kultur oder in der Wirtschaft, setzt ein höchstmögliches Ausmaß individueller Freiheit voraus.“ Quelle: „Die Lösungsbegabung“ von Markus Hengstschläger

Von Hans Klumbies

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