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Die Erinnerung kann oftmals täuschen

Die vielleicht wichtigste Gedächtnisverzerrung, die sich Wahrsager zunutze machen, ist der Bestätigungsfehler, dem die Mehrheit ihrer Klienten unterliegt – nämlich diejenigen, die wirklich an übersinnliche Kräfte glauben wollen. Kit Yates erklärt: „Diese Menschen neigen dazu, sich vor allem an die Äußerungen des Mediums zu erinnern, die zu ihrer positiven Erwartung passen – die korrekte, auf Wissen basierende Rekonstruktion von Informationen über die Person, die das Medium ihrer Meinung nach nicht hätte kennen können –, wobei sie häufig die Fälle ignorieren, in denen sich das Medium irrt.“ Diese Art von selektiven Gedächtnis funktioniert in komplementärer Weise, wenn es um Aussagen des Mediums geht, welche die Zukunft betreffen. Kit Yates lehrt an der Fakultät für mathematische Wissenschaften und is Co-Direktor des Zentrums für mathematische Biologie der University of Bath.

Hellseher profitieren vor allem vom sogenannten Rückschaufehler

Bombardiert das Medium den Klienten so rasch mit Prognosen, dass dieser sich nicht an alle erinnern kann, wird er sich höchstwahrscheinlich an die Vorhersagen erinnern, die eine gewissen Ähnlichkeit mit tatsächlich eintretenden Ereignissen aufweisen. Kit Yates stellt fest: „Das gleicht der Erfahrung, die vermutlich schon viele von uns gemacht haben, nämlich dass man sich erst später am Tag an einen Traum erinnert, wenn ein Ereignis eine Erinnerung daran auslöst.“

Das heißt natürlich nicht, dass der Traum in irgendeiner Weise prophetisch war. Kit Yates erläutert: „Vielmehr spricht es dafür, dass wir uns ohne dieses auslösende Ereignis gar nicht an den Traum erinnert hätten. In gleicher Weise erinnern sich Gläubige nur an die wenigen Vorhersagen, die anscheinend tatsächlich eintreffen, und vergessen die vielen anderen, die das nicht tun – die Treffer werden betont, die Fehlschlüsse negiert.“ Hellseher profitieren vor allem vom sogenannten Rückschaufehler – die Verzerrung der Erinnerungen im Lichte des Wissens um spätere Ereignisse.

Nostradamus hatte angeblich seherische Fähigkeiten

Diese Verzerrung kann so wirken, als ob ursprünglich vage Vorhersagen auf spätere Ereignisse passen, da nur die zutreffenden Details erinnert und gleichzeitig so umgeformt werden, dass sie mit den tatsächlichen Geschehnissen übereinstimmen. Kit Yates blickt zurück: „Zu den bekanntesten Anhängern des Rückschaufehlers gehören die Jünger des Nostradamus. In seinem Buch „Les Prophéties“ formulierte der französiche Seher im 16. Jahrhundert eine Sammlung von 942 vagen und mit Metaphern vollgepackten Vierzeilern, die angeblich die Zukunft beschrieben.“

Bemerkenswert ist, dass keine der 942 „Voraussagen“ des Nostradamus je dazu benutzt wurde, um ein konkretes Ereignis vor seinem Eintreten vorherzusagen. Kit Yates fügt hinzu: „Sie sind stets erst im Nachhinein herangezogen worden; diesen Trick bezeichnet man als Retrodiktion oder Retrognose.“ Um ganz offen über die seherischen Fähigkeiten des Nostradamus zu sprechen: Eine Prophezeiung, die erst dann mit dem Ereignis, das sie angeblich vorhersagt, in Verbindung gebracht werden kann, wenn es bereits stattgefunden hat, ist so nützlich wie eine Teekanne aus Schokolade. Quelle: „Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet“ von Kit Yates

Von Hans Klumbies

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