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Die Langeweile ist fruchtbar für Erfindungen

Friedrich Nietzsche schreibt: „Für den Denker und für alle empfindsamen Geister ist Langeweile jene unangenehme „Windstille“ der Seele, welche der glücklichen Fahrt und der lustigen Winde vorangeht. Nietzsche hatte damit wahrscheinlich recht. James Suzman erklärt: „Der einzige auf der Hand liegende Selektionsvorteil der Langeweile liegt in ihrem Vermögen, jene Kreativität, Neugierde und Rastlosigkeit zu animieren, die uns Lust macht, auf Entdeckungstour zu gehen, neue Erfahrungen zu sammeln und Risiken einzugehen.“ Im Übrigen lehren Psychologen, dass die Langeweile eine fruchtbarere Mutter von Erfindungen ist als die Not, und dass sie sowohl höchst unnietzscheanische sozialethische Gedanken hervorbringen kann als auch ein geschärftes Ichbewusstsein, ein Aspekt, der im Zen-Buddhismus seinen theologischen Niederschlag gefunden hat. James Suzman ist Direktor des anthropologischen Thinktanks Anthropos und Fellow am Robinson Collage der Cambridge University.

Die Langeweile weckte das Interesse unserer Vorfahren am Feuer

James Suzman stellt fest: „Jenseits von all dem fungiert Langeweile als Motor unseres zielgerichteten Handelns und eröffnet uns die Möglichkeit, beim Reiten von Steckenpferden, die keinen anderen unmittelbaren Zweck erfüllen als den, uns auf Trab zu halten, Befriedigung, Stolz und Zufriedenheit mit der eigenen Leistung zu empfinden.“ Gäbe es keine Langeweile, würden Menschen in einer Welt ohne Trainspotter, ohne Freizeit-Jediritter, ohne Briefmarkensammler, ohne Holzschnitzer und womöglich ohne eine einzige der Erfindungen leben, die den Lauf der Geschichte verändert haben.

Es war sehr wahrscheinlich die Langeweile und nicht das Nachdenken über Physik, die dem Australopithecus zu der Entdeckung verhalf, dass beim Gegeneinanderschlagen bestimmter Steine scharfkantige Schnitzel herausspringen konnten, mit denen man schneiden konnte. James Suzman ergänzt: „Und es war vielleicht auch Langeweile, die das Interesse unserer Vorfahren am Feuer weckte, und vermutlich verhalfen ihnen ihre gelangweilt herumspielenden Hände zu der Einsicht, dass beim Aneinanderreiben von Holzstückchen eine Glut entstehen konnte, die heiß genug war, ein Feuer zu entzünden.“

Die ältesten Felsenzeichnungen sind rund 35.000 Jahre alt

Die Langeweile, die Menschen in die Lage versetzt und veranlasst, herumzuspielen, herumzustöbern und kreativ zu sein, dürfte auch mitgeholfen haben, unsere Vorfahren zur Anfertigung von Kunstwerken zu animieren. Dabei handelt es sich um eine Aktivität, die ein Zwitter aus Arbeit und Muße ist, die emotionalen, geistigen und ästhetischen Zwecken dient, aber für Jäger und Sammler keinen praktischen Nutzen in Sachen Nahrungsbeschaffung besitzt.

Beispiele für rein darstellende Kunstwerke tauchen an eher später Stelle im archäologischen Archiv auf. James Suzman erläutert: „Die ältesten erhalten gebliebenen qualitativ hochwertigen Felsenzeichnungen sind auf ein Alter von rund 35.000 Jahren bestimmt worden, das wäre rund 265.000 Jahre nach dem ersten nachweislichen Auftreten des Homo sapiens.“ Die ältesten darstellenden Skulpturen, Ockerplatten mit eingeritzten geometrischen Mustern von schöner Ebenmäßigkeit, werden auf ein Alter von 90.000 bis 70.000 Jahren geschätzt. Quelle: „Sie nannten es Arbeit“ von James Suzman

Von Hans Klumbies

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