Die Meinung der anderen bestimmt unser Denken und Handeln
Jeder nimmt ständig Einfluss auf andere Menschen: in der Schule, im Beruf oder in den Sozialen Medien. Und auch die eigene Person wird von anderen beeinflusst – meist unbewusst und mehr als den meisten lieb ist. Anhand von eigenen Forschungsergebnissen belegt die Psychologin und Neurowissenschaftlerin Tali Sharot in ihrem Buch „Die Meinung der anderen“, dass die meisten Menschen dieses Wechselspiel kaum durchschauen. Allzu oft sind die Menschen steinzeitlichen Instinkten und Reflexen unterworfen – und daher zum Scheitern verdammt, wenn sie andere zu etwas bewegen wollen. Doch Tali Sharot zeigt auch, wie man seine Mitmenschen positiv beeinflussen kann, und wie einem dabei das Verständnis des menschlichen Gehirns hilft. Tali Sharot wurde an der New York University in Psychologie und Neurowissenschaften promoviert und ist Professorin am Institut für experimentelle Psychologie der University of London.
Das Gehirn prägt die Persönlichkeit eines Menschen
Tali Sharot scheint, dass die Menschen, die am meisten zu sagen hätten, oder die den besten Rat geben könnten, leider nicht notwendigerweise den größten Einfluss haben. Ihrem Buch „Die Meinung der anderen“ liegt die Annahme zugrunde, dass das Gehirn einen Menschen zu dem macht, was er ist: „Jeder Gedanke, der Ihnen jemals durch den Kopf gegangen ist, jedes Gefühl, dass Sie je gespürt, jede Entscheidung, die Sie getroffen haben, wurde von aktiven Neuronen in Ihrem ureigenen Gehirn geschaffen.“
Tali Sharots Anliegen mit diesem Buch ist es, die systematischen Fehler aufzuzeigen, die man macht, wenn man versucht, Menschen zum Umdenken zu bewegen, und zu klären, was in jenen Fällen passiert, in denen es einem gelingt. Menschen haben ein Faible dafür, Informationen zu verbreiten und ihre Meinung kundzutun. Man kann das täglich vor allem im Internet beobachten. Warum verbringen Menschen ihre kostbare Zeit damit, Informationen zu teilen? Es scheint, als sei bereits die Gelegenheit, andere am eigenen Wissen teilhaben zu lassen, Lohn genug.
Man kann das Gehirn eines anderen verändern
Menschen werden von einer Welle des Wohlbehagens erfasst, wenn sie ihre Gedanken teilen, und das bringt sie dazu, zu kommunizieren. Tali Sharot fügt hinzu: „Jedes Mal, wenn wir unsere Meinungen und unser Wissen mit anderen teilen, geschieht das mit dem Vorsatz, den oder die Betreffenden zu beeinflussen.“ Die beabsichtigte Veränderung muss keineswegs groß sein. Und hier beginnt für Tali Sharot ein Problem. Menschen gehen diese Aufgabe aus dem Inneren ihres eigenen Ichs heraus an. Wer versucht Einfluss zu nehmen, hat zuallererst sich selbst im Blick.
Der Versuch, etwas zu verändern, wird dann erfolgreich sein, wenn er sich mit den Kernelementen verträgt, die das Wirken des menschlichen Gehirns steuern. Ziel des Buchs „Die Meinung der anderen“ ist es, diese Faktoren zu umreißen und zu zeigen, was sie mit einem Menschen machen. Dazu zählt Tali Sharot: „Bestehende Überzeugungen, Emotionen, Anreize, Handlungsmacht, Neugier, den aktuelle Gemütszustand und den sozialen Input durch die anderen.“ Auch wenngleich man das Gehirn eines andern nicht direkt manipulieren kann, verändern kann man es dennoch – schlicht indem man sich seiner Sprache, seiner Mimik uns seines Handelns bedient.
Die Meinung der anderen
Wie sie unser Denken und Handeln bestimmt – und wie wir sie beeinflussen
Tali Sharot
Verlag: Siedler
Gebundene Ausgabe: 303 Seiten, Auflage: 2017
ISBN: 978-3-8275-0081-6, 24,99 Euro
Von Hans Klumbies