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Ein Narzisst ist rücksichtslos im Austeilen

Das Wesen eines echten Narzissten wird ganz entscheidend durch seine extreme Kränkbarkeit und die ständige Entwertung der Mitmenschen bestimmt. Reinhard Haller weiß: „So unsensibel der Narzisst für die Persönlichkeit und die Gefühlswelt anderer Menschen ist, so empfindlich ist er für sich selbst.“ Jede andere Meinung empfindet er als Verletzung seiner Ehre. Jeder Widerspruch gilt ihm als ungeheuerliche Frechheit. Jede konstruktive Kritik gleicht einer Majestätsbeleidigung. Der Narzisst ist rücksichtslos und grobklotzig im Austeilen, mimosenhaft im Einstecken. Er kann nicht vergessen, da er in ständiger Angst vor einer als existenzielle Bedrohung empfundenen Kränkung lebt. In jeder noch so kleinen Kritik sieht er eine nahezu schicksalhafte Katastrophe. Zur Kränkbarkeit des Narzissten gehört zudem seine Unfähigkeit zu verzeihen. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Ein Narzisst liebt sein perfektes Selbstbild

Selbst kleine Verletzungen sitzen beim Narzissten so tief, dass die Wunde nie verheilen kann. Es kommt über Jahrzehnte hinweg zu keiner Vernarbung. Nirgendwo ist das Element der Nachhaltigkeit von Kränkungen so stark ausgeprägt wie beim Narzissten. Die rücksichtslose Entwertung der liebenden Mitmenschen steht zur eigenen Kränkbarkeit des Narzissten in extremen Kontrast. Für ihn ist auch eine nur vorübergehende Trübung seines perfekten Selbstbilds unerträglich.

Unter den verschiedenen Spielarten narzisstischer Störungen findet Reinhard Haller eine extreme, pathologische Kränkbarkeit unter den „ewig Beleidigten“. Bei diesen wird das narzisstische Verhalten von ständiger Gekränktheit dominiert. Die Betroffenen demonstrieren ihre Einzigartigkeit nicht durch äußerliche Grandiosität, sondern durch die Ungeheuerlichkeit ihres Verwundetseins. Solche Menschen reagieren auf alles und jedes mit überdimensionaler Gekränktheit. Es genügt schon, wenn die Mitmenschen anders sind, als es ihren Vorstellungen entspricht. Wenn diese anders sprechen, anders lachen oder gar anders denken.

Ein Narzisst ist ein Meister im Kränken anderer

Ohne ein Wort vermögen es gekränkte Narzissten, ihre Betroffenheit zu demonstrieren. Die Aura des ewig Gekränkten löst bei den Mitmenschen dadurch Verunsicherung und Betroffenheit aus. Diese haben das diffuse Gefühl, irgendwie schuldig zu sein und dem Narzissten etwas angetan zu haben, ohne den Grund zu wissen. Narzissten sind aber nicht nur empfindlich und in pathologischer Weise kränkbar, sondern geradezu Meister im Kränken anderer.

Sie geben sich nicht damit zufrieden, ihre eigene Großartigkeit zu betonen, ihre Überlegungen als genial und ihre Handlungen als Einzigartigkeit darzustellen. Sondern sie haben auch ein obsessives Bedürfnis nach Entwertung ihrer Mitmenschen. Reinhard Haller erläutert: „Diesem destruktiven Trieb liegen neben Machtansprüchen und sadistischen Zügen tief verankerte Minderwertigkeitsgefühle zugrunde.“ Der Narzisst ist nicht wie der Charismatiker eine auch innerlich gefestigte Persönlichkeit, sondern leidet unter permanenten Versagensängsten und Selbstzweifeln. Deshalb ist für ihn die äußere Bewunderung so wichtig. Quelle: „Die Macht der Kränkung“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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