Ein Vertrauensbruch wirkt lange nach
Posttraumatische Reaktionen können über Tage, Monate und sogar Jahre andauern. Obwohl nicht alle Traumata gleich sind, sind doch die traumatischen Symptome erkennbar gleich. Traumatisierte Partner, die sich von einem unvorstellbaren Betrug durch einen geliebten Menschen erholen, weisen das obsessive Bedürfnis auf, die Geschichte mit all ihren Details zu hören. Shirley P. Glass erklärt: „Ihre übermäßige Wachsamkeit bei der Beobachtung ihrer Umwelt und ihres Partners entsteht durch die realistische Angst davor, nochmals verwundet zu werden.“ Flashbacks werden durch minimale Reize ausgelöst, die wie ein Echo den Moment der persönlichen Vernichtung wiederholen. Bewältigungsstrategien müssen einerseits diese Symptome überprüfen und andererseits Methoden bieten, sie in Grenzen zu halten und damit umzugehen. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.
Ironischerweise muss der Täter zum Heiler werden
Posttraumatische Reaktionen sind laut Dr. Judith Herman, einer Trauma-Expertin, besonders dann sehr heftig, wenn sie aus dem Betrug in wichtigen Beziehungen resultieren. Ein Vertrauensbruch in einer engen Beziehung hat langanhaltende Nachwirkungen, die die Erholung davon schwierig gestalten. Dabei ist es normal, sich labil und verwirrt zu fühlen. Höchstwahrscheinlich ist weder man selbst noch der Partner verrückt, und diese verrückten Gefühle werden nicht ewig andauern. Eine Ironie der Heilung von einem Betrug besteht darin, dass der Täter zum Heiler werden muss.
Das bedeutet, dass betrogene Partner verletzlich sind, weil genau der Mensch, an den sie sich in Krisenzeiten höchstwahrscheinlich wenden werden, die Quelle der Gefahr darstellt. Shirley P. Glass fügt hinzu: „Auf der anderen Seite empfinden es die untreuen Partner manchmal als sehr schwer, in engem Kontakt mit ihrem Ehepartner zu bleiben, in dem Wissen, dass sie die Quelle solch heftigen Leids sind.“ Der betrogene Partner leidet möglicherweise das ganze erste Jahr nach der Enthüllung unter beängstigen mentalen, physischen und emotionalen Schwankungen.
Es gibt drei Kategorien einer posttraumatischen Reaktion
Es ist normal, diese traumatischen Reaktionen zu erleben, und sie werden weniger werden, aber nur schrittweise. Zuerst wird ihre Häufigkeit zurückgehen, dann die Dauer. Die Intensität der Symptome verringert sich zuletzt, so dass es sich anfühlen kann, als würde man einen Rückfall haben, trotz anderweitiger Anzeichen für Fortschritt. Posttraumatische Reaktionen lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen: Intrusion, das heißt das beharrliche Wiedererinnern und Wiedererleben der traumatischen Ereignisse, Vermeidung und extreme Überreaktion.
Die Intrusion entsteht durch traumatische, mit dem Betrug verknüpfte Bilder, Gefühle und Gedanken. Shirley P. Glass erläutert: „Diese Reaktionen werden formal als posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert, wenn die Bedrohung physischer Natur oder lebensbedrohlich ist und die Symptome über einen Zeitraum von mehr als einem Monat andauern.“ Betrogene Partner, deren psychische Stabilität durch Untreue bedroht wird, zeigen jedoch dieselben Symptome, die über einen langen Zeitraum hinweg auftreten können. Quelle: „Die Psychologie der Untreue“ von Shirley P. Glass
Von Hans Klumbies