Kinder brauchen klare Regeln und Grenzen
Das Verhalten von Eltern, ihre Kinder auf Augenhöhe behandeln zu wollen, fußt auf einem Trugschluss, wie Psychologen wissen. Rüdiger Maas erklärt: „Eltern handeln nach dem Gefühl, dass klare Regeln und Grenzen für ihre Kinder frustrierend seien. Ihr Ziel dabei ist, dass die Kinder zufrieden und glücklich sind.“ Allerdings ist das der falsche Ansatz dafür, weil die Kinder so niemals die Erfahrung machen können, wie es ist, eigene Fehler einzugestehen und Probleme eigenständig zu bewältigen. Folglich sinkt die Frustrationstoleranz der Kinder weit nach unten. Denn alles, was sich die Kinder wünschen, servieren ihnen die Eltern – eben aus der Angst heraus, ihren Kindern mit harten Vorgaben und Regeln das Leben schwer zu machen. Rüdiger Maas studierte in Deutschland und Japan Psychologie. Er ist Gründer und Leiter eines Instituts für Generationenforschung.
Der Generationenbegriff zeichnet sich durch drei Merkmale aus
Um diesen Erziehungsstil heutiger Eltern verstehen zu wollen, ist es notwendig in die deutsche Geschichte zurückzublicken. Die Generationenforschung beschäftigt sich mit dem Entstehen und Verändern von Generationen. Rüdiger Maas ergänzt: „In der Regel geht man seit Beginn des 20. Jahrhunderts von einer Altersspanne von 15 Jahren aus, in der neue Generationen mit eigenen Einstellungen, Verhaltensweisen und Ansichten entstehen.“ Damit wird die heutige Generation von Kindern, die Generation Alpha, die ab 2010 geboren ist, in der Regel von der Generation Y erzogen.
Eben von der Elterngeneration, die etwa 30 Jahre vor der Generation Alpha, also zwei Generationen zuvor, geboren wurde. Rüdiger Maas weiß: „Begründer dieser Generationeneinteilung war der Soziologe Karl Mannheim mit seinem bereits 1928 erschienenen Essay „Das Problem der Generationen“. Dort entwickelte Mannheim einen Generationenbegriff, der sich durch drei Merkmale auszeichnet.“ Die sogenannte Generationslagerung beschreibt eine Gruppe von Menschen, welche die gleichen Möglichkeiten haben, bestimmte Erlebnisse zu verarbeiten.
Laut Karl Mannheim umfasst eine Generation die Zeitspanne von 15 Jahren
Die gleichen Möglichkeiten der Verarbeitung der Erlebnisse resultieren daraus, dass man zu einem ähnlichen Zeitpunkt geboren ist – Karl Mannheim nahm dafür eine Zeitspanne von 15 Jahren an. Rüdiger Maas erläutert: „Wenn eine Generationslagerung dann tatsächlich ähnliche oder gleiche Erfahrungen macht, spricht man von einem Generationszusammenhang. Und wenn die ähnlichen oder gleichen Erlebnisse also nicht nur ähnlich verarbeitet werden, sondern in gemeinsamen politischen, sozialen oder weltanschaulichen Perspektiven auf die Welt münden, ist das dritte Merkmal erreicht, die Generationseinheit.“
Es ist also nicht gesagt, dass, nur weil 15 Jahre vergangen sind, tatsächlich auch eine neue Generation entsteht. Rüdiger Maas stellt fest: „Denn erst wenn alle drei Merkmale des Mannheimschen Generationenbegriffes erfüllt sind, kann man von einer Generation sprechen.“ Denn was würde für Menschen gelten, die zwar in einer bestimmten Zeit geboren sind, von den aktuellen Erlebnissen aber nichts mitbekommen oder ganz andere Sichtweisen als ihre Zeitgenossen ausbilden? Quelle: „Generation lebensunfähig“ von Rüdiger Maas
Von Hans Klumbies