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Gerechtigkeit ist ein natürliches Bedürfnis

Laut Hans-Otto Thomashoff wird über kurz oder lang ein entscheidender Stressfaktor für eine Gesellschaft in den Vordergrund rücken: das Thema Gerechtigkeit. Hans-Otto Thomashoff erläutert: „Unweigerlich reagieren wir auf Ungerechtigkeit mit Ärger, und der führt wie die Angst zu Stress. Verständlicherweise nimmt das Thema Gerechtigkeit im politischen Diskurs einen zentralen Platz ein und ist die politische Praxis bestrebt, Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu fördern.“ Weil es jedoch aufgrund unterschiedlicher Ansprüche keine absolute Gerechtigkeit geben kann, ist das Thema zugleich eine beliebte Spielwiese für politische Agitation. Gerechtigkeit ist ein natürliches Bedürfnis, das der Homo sapiens mit vielen höheren Tieren teilt. Ein Mensch kann also gar nicht anders, als Ungerechtigkeit unangenehm zu finden. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

Über Gerechtigkeit gibt es unterschiedliche Meinungen

Viele Menschen sind sogar bereit, sich für die Gerechtigkeit anderer einzusetzen, selbst wenn sie dafür eigenen Nachteile in Kauf nehmen müssen. Das gilt nicht nur für heroische Gerechtigkeitskämpfer, sondern fast für jeden Menschen. Das Grundproblem der Gerechtigkeit besteht darin, dass das Empfinden darüber, was gerecht ist und was nicht, individuell verschieden ist, weil es vom kulturellen Umfeld und von den Vorerfahrungen des Einzelnen geprägt wird.

Das erschwert gesellschaftliche Gerechtigkeitsentscheidungen, besonders dann, wen Gruppen das Gefühl habe, immer zu kurz zu kommen und dafür einen Ausgleich zu verdienen. Vor allem, wer sich selbst als Opfer sieht, ist nur selten zufriedenzustellen. Hans-Otto Thomashoff stellt fest: „Zusätzlich erschwert ein grundlegendes Missverständnis die Gerechtigkeitsdiskussionen. Wird eine leistungsunabhängige Gleichbehandlung aller gefordert, sieht das zwar auf den ersten Blick gerecht aus, doch in Wahrheit verletzt es das Gerechtigkeitsempfinden, weil Leistung und Gegenleistung nicht in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen.“

Nachvollziehbare Gerechtigkeit ist kein Luxus

Wer sich mehr einsetzt und mehr leistet, dem steht aus Sicht des Gerechtigkeitsempfindens auch mehr Belohnung zu. Eine Gleichbehandlung, die das ignoriert, wird als ungerecht empfunden, selbst wenn der Fleißige in der Lage ist, seinen Ärger hinunterzuschlucken, während der Faule insgeheim frohlockt. Weil Gerechtigkeit ein natürliches Grundbedürfnis ist, das zur Regelung des sozialen Miteinanders dient, ist nachvollziehbare Gerechtigkeit kein Luxus, sondern ein zentrales Anliegen von Politik.

Vor diesem Hintergrund sind gesellschaftliche Entwicklungen problematisch, die als ungerecht wahrgenommen werden. Denn sie führen zu aufgestautem Unmut, der über kurz oder land von Populisten instrumentalisiert wird. Gerade wenn es um das liebe Geld geht, ist die Liste der Ungerechtigkeiten und diversen Gesellschaften lang. Da sind die Unternehmen, die trotz sprudelnder Gewinne steuerfrei wirtschaften. Da ermöglichen Steueroasen und Abschreibungsposten Reichen, die Steuer legal zu umgehen. Da wird in der Politik ein Grundeinkommen für alle diskutiert, und der steuerzahlende Bürger fragt sich, wer dafür aufkommen wird. Quelle: „Mehr Hirn in die Politik“ von Hans-Otto Thomashoff

Von Hans Klumbies

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