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Sex wurde buchstäblich „verbilligt“

Für die feministische Historikerin Alice Echols bestand das Hauptziel der zweiten Frauenbewegung darin, Strategien gegen die „kulturelle Aufwertung des Mannes und die Abwertung der Frau“ zu entwickeln. Eva Illouz stellt fest: „Doch während Frauen einige noch bescheidene Geländegewinne in den Bereichen der Wirtschaft und der Politik erlangen, scheinen sie auf sexuell-romantischem Gebiet einem ernsthaften Abwertungsprozess unterlegen zu sein.“ Viele Feministinnen und Experten für Sexualökonomie haben eine solche Abwertung festgestellt. Ihrer Analyse zufolge wurde Sex buchstäblich durch die Tatsache, dass Männer für Sex nicht mehr bezahlen müssen, „verbilligt“. Für Mark Regnerus ist kostenloser Sex das Resultat verschiedener charakteristischer Errungenschaften. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Außerdem ist sie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

Sex hat nichts mit Reproduktion zu tun

Erstens zählt dazu die breiten Inanspruchnahme der Pille sowie die von ihr herrührende Mentalität, dass Sex natürlicherweise nichts mit Reproduktion zu tun hat. Dazu kommt zweitens die massengefertigte hochentwickelte Pornografie und drittens die Entstehung und Weiterentwicklung von Online-Dating-Services. Eva Illouz ergänzt: „Mark Regnerus bezeichnet alle drei Faktoren beschönigend als „Preisdrücker“, insofern sie die Kosten und den Wert des Datings, des Sexes und, wie man vermuten darf, von Frauen senken.“

Doch übergeht diese Erklärung nonchalant, dass Männer sehr viele Aktivitäten sehr wohl wertschätzen, für die sie nichts bezahlen – Gottesdienstbesuche, ehrenamtliche Arbeit, Strandspaziergänge. Eva Illouz erklärt: „Sie bietet uns daher keinen Grund dafür an, warum Sex mit Frauen und Frauen selbst keinen oder weniger Wert besitzen, sobald Männer nicht mehr dafür bezahlen müssen.“ Gerade die Tatsache, dass unbezahlter Sex die Abwertung von Frauen impliziert, ist erklärungsbedürftig.

Der weibliche Körper wird oft abgewertet

Eva Illouz weiß: „Erniedrigende Witze über die Körper von Frauen, Verachtung für übergewichtige Frauen, das Schlechtmachen von Frauen, die so alt sind wie man selbst oder älter, die Bevorzugung junger Frauen, Vergewaltigungen bei Rendezvous, die Parzellierung des weiblichen Körpers, die Statussuche durch die undifferenzierte Anhäufung von Sexualpartnerinnen, die Erstellung von Werthierarchien auf der Grundlage von Schönheit und Schlankheit – all dies sind sehr weit verbreitete Routinestrategien zur Abwertung des weiblichen Körpers und Selbst.“

Doch gelten sie oft als harmlose und unvermeidliche Risiken der Partnersuche, und es sind die Frauen, welche die seelische Hauptlast tragen, sie etwa mittels Selbsthilfeliteratur oder psychologischer Beratung zu bewältigen. Eva Illouz betont: „Sexuelle Begegnungen können erschütternde Erfahrungen verringerten Selbstwertgefühls verursachen, und wenn manche oder die meisten Menschen ihre Suche glücklich beenden, nimmt das der Tatsache nichts von ihrem Gewicht, dass die Abwertung ein Wesensbestandteil des Sexuallebens geworden zu sein scheint.“ Quelle: „Warum Liebe endet“ von Eva Illouz

Von Hans Klumbies

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