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Gegen Verschwörungstheorien hilft Bildung

Verschwörungstheorien erfreuen sich großer Beliebtheit. Konrad Paul Liessmann nennt ein Beispiel: „Keine Demonstration für oder gegen Corona, bei der nicht Verschwörungstheoretiker, denen keine Idee zu abstrus ist, um sich die Welt zu erklären, gesichtet werden.“ Unglaublich wie der Blitz des Unsinns in den naiven Volksboden einschlagen und zur politischen Macht werden kann. Verschwörungstheorien werden aber auch von ihren aufgeklärten Gegnern geliebt. Wie einfach ist es doch, Ansichten zu kritisieren, deren Absurdität offen zutage liegt. Daraus lässt sich wohlfeiles Kapital schlagen. Das es zur Logik der Dummheit gehört, dass man sie nicht aufwendig widerlegen muss, genügt es, störende Meinungen und unangenehme Positionen in der Nähe von Verstörungstheorien zu rücken, um sich ihrer zu entledigen. Konrad Paul Liessmann ist Professor emeritus für Philosophie an der Universität Wien, Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist.

Verschwörungstheoretiker suchen nach einfachen Welterklärungen

Argumentative Auseinandersetzungen erübrigen sich, an deren Stelle tritt die pädagogische Besorgnis. Verzweifelt wird gefragt, was man gegen die rasende Verbreitung von Verschwörungstheorien tun könne. Für Konrad Paul Liessmann ist die Antwort immer dieselbe: „Bildung, Bildung, Bildung.“ Vergessen wird dabei, dass nicht wenige Anhänger von Verschwörungstheorien überzeugt davon sind, besser informiert zu sein und mehr zu wissen als die durch offiziöse Medien gegängelte Menschen.

Über die Motive von Verschwörungstheoretikern wird viel geforscht, meistens unterstellt man ihnen eine dumpfe Sehnsucht nach einfachen Welterklärungen und stereotypen Schuldzuweisungen. Das mag wohl stimmen. Doch Konrad Paul Liessmann gibt zu bedenken: „Unterschlagen werden dabei jedoch Aspekte, die nicht nur Verschwörungstheorien auszeichnen: die Vermutung etwa, dass das unmittelbar Wahrnehmbare noch nicht das Wahre ist – seit Platon lebt die Philosophie von dieser Annahmen; oder die Lust, die darin besteht, sich eine Welt auszudenken, in der es alle gibt, was es sonst nicht gibt.

Verschwörungstheorien sollte man nach ästhetischen Gesichtspunkten analysieren

Der Erfolg von Filmen über Aliens speist sich aus derselben Quelle wie der Glaube, dass die Außerirdischen längst unter uns sind. Konrad Paul Liessmann meint: „Vielleicht solle man Verschwörungstheorien gelassener entgegentreten und sei gelegentlich unter ästhetischen Gesichtspunkten analysieren.“ Man sähe dann schnell, dass manche in ihrem Aufwand und ihrer Raffinesse tatsächlich das Zeug zu einem guten Thriller oder abgründigen Roman hätten.

Konrad Paul Liessmann erläutert: „Verschwörungstheorien nicht nach ihrem Wahrheitsgehalt – das bringt wenig –, sondern nach ihrem künstlerischen Potenzial zu betrachten, nähme ihnen die politische Spitze, ohne sie im empörten Ton moralisierender Besserwisserei verurteilen zu müssen.“ Das Problem dabei: Dies kann nur eine Handreichung für Menschen sein, die selbst für Verschwörungstheorien wenig anfällig sind. Für deren Anhänger gilt das nicht. Diese können die haarsträubenden Produkte ihrer überreizten Fantasie gar nicht richtig genießen, denn sie sind von deren Wahrheit überzeugt. Quelle: „Lauter Lügen“ von Konrad Paul Liessmann

Von Hans Klumbies

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