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Mitgefühl ist kein zweckgerichteter Wert

Es greift sicher zu kurz und wäre sowohl Hybris aus auch Dummheit, ausschließlich Ignoranz als auch Dummheit für die aktuellen Entwicklungen verantwortlich zu machen. Heidi Kastner schreibt: „Unsere Lebensbedingungen scheinen heute viel weniger abgesichert, die globalen Verhältnisse sind unüberschaubarer, die Bedrohlichkeit kommt aus unterschiedlichen Richtungen, sowohl das Erstarken fanatischer Gruppierungen als auch Klimaveränderungen und allezeit mögliche neue Viren und Krankheiten versprechen nichts Gutes.“ Die Wirkmächtigkeit des Einzelnen ist deshalb sehr überschaubar, ebenso wie das Problembewusstsein und die Lösungsorientiertheit der global Player. Die Aufbruchsgewissheit der 1970er-Jahre – alles wird laufend besser – hat einer Ernüchterung Platz gemacht, die mit einem gehörigen Kater daherkommt. Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 2005 ist sie Chefärztin der forensischen Abteilung der Landesnervenklink Linz.

Es gibt keine schnellen und simplen Lösungen

Heidi Kastner betont: „Es ist nicht dumm, eine wesentliche Veränderung der bestehenden Verhältnisse zu fordern, es ist nur dumm, an schnelle und simple Lösungen zu glauben.“ Für wirkliche Lösungen bräuchte es ein Mehr an emotionaler Empathie, mit anderen mitzuempfinden, Mitgefühl zu entwickeln, in deren Interesse zu handeln und Beziehungen gleichberechtigt zu gestalten, also keinem das anzutun, was man auch selbst nicht erleiden möchte. Anders als andere Fähigkeiten ist das Mitgefühl, also die emotionale Empathie, kein zweckgerichteter Wert.

Gefühlsverständnis, Gefühlsmodulation und Erfassen fremder Gefühle sind ursprünglich extrinsisch motiviert, also orientiert an den Erwartungen der Umwelt, und können dann intrinsisch begründet sein mit dem Zweck der Verbesserung der eigenen Chancen. Heidi Kastner ergänzt: „Emotionale Intelligenz ist in diesem Verständnis kein Wert an sich, wie den Daniel Goleman auch vor allem Beispiele für die besseren beruflichen Erfolgsaussichten der damit ausgestatteten anführte.“

Die Menschheit kann sich aus Gier und Dummheit selbst zerstören

Die umfassendste Ausprägung der emotionalen Intelligenz existiert hingegen als Wert an sich, unabhängig von der Funktion, in der empfundenen und erlebten Verbundenheit mit allem Lebendigen und der eigenen Bezogenheit darauf. Baruch Spinoza bezeichnet die Erkenntnis der Verbundenheit der Seele mit der gesamten Natur als das höchste Gut. Heidi Kastner weiß: „Stephen Hawking, sicherlich nicht ob seiner Rührseligkeit oder Gefühlsudeselei bekannt, konstatierte, dass wir Gefahr liefen, und aus Gier und Dummheit selbst zu zerstören. Das Einzige, was uns retten könne, wäre Empathie.“

Was lässt sich nun abschließend über die Dummheit sagen? Carlo Cipolla, ein italienischer Wirtschaftshistoriker, wurde allerdings bekannt über ein Büchlein, das er nachts kurz zusammengeschrieben hatte, vermutlich um seine Frustration aus der Konfrontation mit angewandter, wirkmächtiger Dummheit von der Seele zu schreiben. In „The Basic Laws of Human Stupidity“ (1988) benannte er fünf fundamentale Prinzipien der Dummheit, die allesamt unserer alltäglichen Erfahrung entnommen sind, die von Carlo Cipolla pointiert auf den Punkt gebracht werden. Quelle: „Dummheit“ von Heidi Kastner

Von Hans Klumbies

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