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Die Resonanz bildet das Urmotiv der Liebe

Resonanz zu erhalten, ist die tiefste Sehnsucht des Menschen. Sie ist neurobiologisch verankert und bildet das Urmotiv für Liebe, Sexualität und Partnerschaft. Joachim Bauer nennt Beispiele: „Nirgendwo zeigt sich die Resonanz derart intensiv wie in Momenten des Flirts, in Phasen frischer Verliebtheit oder dort, wo zwei Menschen in einer gereiften, glücklichen und oft auch sexuell erfüllten Partnerschaft angekommen sind.“ Schwierig wird es oft dazwischen, in der Phase, wenn die Verliebtheit abgeklungen ist, aber noch keine Vertrautheit und Liebe entstanden ist. Was die beteiligten Partner am Beginn einer Liebesbeziehung wechselseitig bespielen, ist das System der Spiegelnervenzellen. Das Resonanzgeschehen beginnt meist nonverbal, statt Worten kommen zunächst vor allem körpersprachliche Zeichen zum Einsatz: Blicke, Mimik und Körperposen. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

Die Resonanz zwischen den Partnern transportiert Visionen

Kurz darauf ziehen die Selbst-Systeme nach. Joachim Bauer erklärt: „Nun bespiegeln wir das Selbst des anderen mit Worten, betonen die wechselseitigen Ähnlichkeiten von Interessen und aktivieren so die Ich-Du-Koppelung.“ Den Zauber entfaltet die dem Partner zurückgespiegelte Resonanz nicht dadurch, dass man ihn eins zu eins beschreibt. Wo das geschieht, ist der Zauber schnell verflogen. Der Zauber ergibt sich aus den durch den Partner avisierten oder fantasierten Möglichkeitsräumen.

Verliebte sehen im geliebten Gegenüber das, was dieses Gegenüber an sich selbst oft noch gar nicht entdeckt hat. Der Möglichkeitsraum öffnet sich dadurch, dass die Verliebten sich gegenseitig das beschreiben, was aus dem Anderen – und aus ihnen selbst durch den Anderen – noch werden könnte. Diese via Resonanz transportierten Visionen sind alles andere als heiße Luft. Sie inspirieren, sie lassen Kräfte wachsen und Entschlüsse reifen, sie verändern den Anderen – im wahrsten Sinne – bis ins Herz hinein, sie verändern die Biologie der Beteiligten.

Der Zauber der Resonanz wirkt oft nur eine begrenzte Zeit

Joachim Bauer betont: „Ein Teil der Visionen, die sich Verliebte gegenseitig zurückspiegeln, kann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.“ Plötzlich beginnt jemand, eine neues Instrument zu lernen, andere Musik zu hören, Sport zu treiben, neue Hobbys zu entdecken oder Dinge zu tun, die er – oder sie – bisher strikt abgelehnt hatte. Doch währt dieser Resonanzzauber oft nur eine begrenzte Zeit. Je länger sich das Paar kennt und den Alltag miteinander teilt, desto mehr erlahmt die Fantasie, die anfangs noch dem anderen neue Räume geöffnet hatte.

Warum dieser Sinkflug? Von den vielfältigen Gründen für die manchmal nur kurze Halbwertszeit der Liebe zwischen zwei Menschen erscheint Joachim Bauer der folgende besonders erwähnenswert: „Keine Gefühle zulassen können.“ Zur Liebe gehört nicht nur, dass man jemanden liebt und geliebt wird, sondern auch, dass das eigene Selbst zulassen und annehmen kann, geliebt zu werden. Ist dies nicht der Fall, erreichen den Betroffenen die vom Partner zufliegenden Resonanzen nicht und zum Betreten der für ihn geöffneten Resonanzräume fehlt ihm das Selbstvertrauen. Quelle: „Wie wir werden, wer wir sind“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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