Gute Gefühle erzeugen kluge Entscheidungen
Eine zentrale Frage ist für Maren Urner, unter welchen Bedingungen Menschen ein gutes und zufriedenstellendes Leben führen können. Bei der Positiven Psychologie geht es im Kern darum, Faktoren zu identifizieren, die glückliche und gesunde Menschen auszeichnen. Maren Urner stellt fest: „Stress, Angst und das Gefühl von Machtlosigkeit sind keine guten Berater. Wenn wir uns hingegen sicher, befähigt und gut fühlen, sind wir in der Lage, clevere und weise Entscheidungen zu treffen.“ Es sind ebendiese Gefühle, die Menschen lösungs- und zukunftsorientiert denken und handeln lassen. Außerdem fällt es ihnen leichter, Gewohnheiten zu entwickeln, die sie befähigen und helfen, mutig zu sein. Vor allem geht es dabei darum, sich selbst besser zu verstehen. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.
Ablenkungen sollte man ignorieren
Das hatten schon die alten Griechen in der Antike erkannt. Sie nannten es „Gnothi seauton – Erkenne dich selbst“. Damit einher ging für sie die Aufforderung „gut zu leben“, was natürlich einer weiteren Definition bedarf. Maren Urner erklärt: „Der erste Schritt, um aus der vermeintlichen „ewigen Dauerkrise“ zu kommen, ist also getan, wenn wir erkennen, dass wir in unserem Kopf beginnen müssen. Dies gelingt am besten, wenn wir uns fokussieren und sämtliche Ablenkungen, um uns herum so viel und häufig vorhanden sind, ignorieren beziehungsweise sie erst gar nicht wahrnehmen.“
Den Fokus zu finden, fällt Menschen so schwer, weil sich ihr Gehirn so herrlich gern ablenken lässt. Das war in Zeiten von Säbelzahntiger und Mammut eine gute bis überlebenswichtige Eigenschaft. Heute müssen Menschen bei sich selbst beginnen, wenn es darum geht, die Welt besser zu verstehen und vielleicht sogar positiv zu beeinflussen. Vor einigen Jahren – manche mögen sagen, „früher“ – sprach man im Zusammenhang mit persönlichen Krisen von der Midlife-Crisis.
Viele Menschen rauschen von einer Sinnkrise in die nächste
Diese „Krise in der Mitte des Lebens“ trifft vor allem Männer irgendwo zwischen vierzig und fünfzig. Die Midlife-Crisis passt in die eigentliche Bedeutung des Begriffs Krise, weil sie einen Wendepunkt darstellt, der je nach Individuum ein paar Wochen, einige Monate oder wenige Jahre umfassen kann. Karen Urner schreibt: „Was wir dagegen aktuell beobachten, ist der inflationäre Gebrauch des Begriffs der Krise mit Bezug auf die persönliche Ebene. Es scheint, als rauschten viele Menschen von einer Sinnkrise in die nächste.“
Irgendwo zwischen Karriere, Kindern und Kochkurs suchen Menschen in der zivilisierten, aufgeklärten Welt täglich oder wenigstens am Wochenende nach dem oder einen Sinn. Die einen versuchen es mit Spaß, die anderen mit Selbstkasteiung. Während vor wenigen Jahren das ständige Messen und Auswerten möglichst vieler personenbezogener Daten chronisch Kranken und Spitzensportlern vorbehalten war, ist die Vermessung des Selbst längst zu einer internationalen Bewegung geworden. Quelle: „Raus aus der ewigen Dauerkrise“ von Maren Urner
Von Hans Klumbies