Gene und Umwelt steuern das Verhalten
Eigentlich liebt der Mensch es zu kooperieren. Er ist grundsätzlich sozialer als alle anderen Tiere auf diesem Planeten. Und auch dieses Verhalten ist nun einmal von Genen und Umwelt gesteuert. Markus Hengstschläger erklärt: „Daraus leitet sich ab, dass der Mensch zu einem relevanten Anteil die Wahl hat.“ Die Gene in den menschlichen Zellen sind von Natur aus darauf ausgerichtet, mit dem eigenen Selbst und der Umwelt zu kommunizieren. Dieser Umstand sollte für die Menschen eine besonders große Motivation sein, ihr Leben und ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sie können ihre seelische und körperliche Gesundheit beeinflussen, sie können mitbestimmen, wie widerstandsfähig sie sind und wie lange sie leben. Professor Markus Hengstschläger ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien.
Die Zivilisation stürzt nicht beim geringsten Anlass ein
Und weil die Menschen sogar einen Teil ihrer Prägung vererben, haben sie auch die Persönlichkeit, Lebensqualität und Gesundheit ihrer Kinder und Kindeskinder ein Stück weit in der Hand. Ob im Kapitalismus oder Kommunismus, ob in Religionen oder in der Aufklärung, irgendwie wurde aber immer davon ausgegangen, dass es Machtstrukturen oder Institutionen braucht um zu verhindern, dass sich die dünne Fassade der Zivilisationen auflöst.
Dass Menschen von Natur aus egoistisch, panisch und aggressiv sind, ist ein hartnäckiger Mythos. Der Biologe Frans de Waal spricht deshalb von einer „Fassadentheorie“. Die Zivilisation wäre demnach eine dünne Fassade, die beim geringsten Anlass einstürzen würde. Die Geschichte lehrt aber das genaue Gegenteil. Geht es nach dem Historiker Rutger Bregman wird das, was Menschen werden, sehr stark davon beeinflusst, was sie glauben. Und das, was eintritt, wird von dem, was sie voraussagen, bestimmt.
Der Mensch ist im Grunde eigentlich gut
Markus Hengstschläger stellt fest: „Danach fördern wir das Schlechteste in uns zutage, wenn wir einander der Annahme „der Mensch ist im Grund schlecht“ folgend, auch dementsprechend gegenseitig behandeln.“ Anhand vieler historischer Beispiele untermauert Rutger Bregman seine These, dass der Mensch eigentlich im Grunde gut ist. Gemeint ist dabei nicht uneingeschränkt gut, sondern dass der Mensch eine gute und eine schlechte Seite hat und man sich die Frage stellen muss, welche man stärken will.
Es muss laut Markus Hengstschläger natürlich die Frage erlaubt sein, ob es nicht blauäugig wäre, einfach auf das Gute in jedem Menschen zu vertrauen. Sicher ist aber, dass der Homo sapiens bei dieser Frage sehr viel in der Hand hat. Der Mensch ist ein schlechter Lügner, vertraut anderen schnell und ist eine supersoziale Lernmaschine. Um diese ausgeprägte Fähigkeit, von anderen zu lernen, zum Erblühen zu bringen, geht es daher auch darum, im Ideen- und Lösungsfindungsprozess stetig Schnittstellen mit Menschen anderer Disziplinen und anderer Kulturen zu fördern. Quelle: „Die Lösungsbegabung“ von Markus Hengstschläger
Von Hans Klumbies