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Narrative sind Bestandteil der Identität

Geschichten erzählen ist menschlich. Man erzählt sie sich und anderen, um seine persönlichen Erfahrungen und die eigene Existenz zu interpretieren. Armin Falk ergänzt: „Sie helfen uns dabei, eine Vorstellung von Realität zu gewinnen. Ohne Geschichten sind wir nicht imstande, Sinn zu konstruieren und uns in der Lebenswelt zurechtzufinden. Sie vermitteln uns eine Begriff davon, woher wir kommen, was wir uns wünschen oder wozu wir bestimmt sind.“ Manche Persönlichkeitspsychologen beschreiben die Rolle von Narrativen deshalb als integralen Bestandteil der Identität eines Menschen. Denn die eigenen Lebensgeschichten prägen die Vorstellung davon, wer man ist. Oder anders gesagt, man ist, was man über sich erzählt. Armin Falk leitet das Institut für Verhaltensökonomik und Ungleichheit (briq). Außerdem ist er Direktor des Labors für Experimentelle Wirtschaftsforschung, sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn.

Narrative können prosoziales Verhalten beeinflussen

Dabei handelt es sich zum Beispiel um Geschichten von Aufstieg, schwerer Kindheit, widrigen Umständen oder beruflichen Erfahrungen. Diese Geschichten formen die Vorstellungen vom eigenen Selbst. Armin Falk weiß: „Geschichten spielen aber auch kulturell ein bedeutsame und prägende Rolle, als Merkmale der Vergewisserung von kultureller Identität und Zugehörigkeit. Alle Kulturen haben ihre eigenen Geschichten vom Anfang der Welt, vom Sitz der Götter, haben ihre Märchen, Sagen und Heldengeschichten.“

Gerade religiöse Geschichten, ihre Plots und Protagonisten kann man benutzen, um moralisch fragwürdige Dinge zu tun. Narrative spielen aber auch eine wichtige Rolle, weil sie prosoziales Verhalten beeinflussen können. Armin Falk stellt fest: „Wenn wir moralisch handeln, wägen wir immer Kosten und Nutzen miteinander ab. Einerseits schöpfen wir Befriedigung daraus, anderen zu helfen, zu kooperieren, kurzum: Gutes zu tun. Andererseits entstehen uns dabei Kosten, sei es in Form von Geld, Aufmerksamkeit oder Zeit, die wir für die gute Tat aufwenden.“

Viele Menschen reden sich die Realität schön

Von Schuld befreiende Geschichten setzen an beiden Seiten an. Sie können einen Menschen davon überzeugen, dass der Nutzen der moralischen Handlung in „Wahrheit“ gar nicht so groß ist. Oder dass die Kosten „unzumutbar hoch“ sind, niemand also eine solche Handlung von einem ernsthaft erwarten kann. Armin Falk erklärt: „Alle Geschichten, die uns vor uns selbst und vor anderen „gut“ aussehen lassen, obwohl wir das Falsche tun, leisten das.“ Woher kommen diese Geschichten?

Zum einen produziert man sie selbst, indem man die Welt um sich in einer für sich selbst vorteilhaften Weise interpretiert und deutet. Man überzeugt sich davon, dass man das Richtige tut, indem man selektiv Informationen aktualisiert und sich an sie erinnert, sich also die Realität schönredet. Armin Falk fügt hinzu: „Aber Geschichten werden auch von Politikern, Lobbyisten und Interessengruppen professionell produziert, mit dem Ziel, Deutungsschemata in die Welt zu setzen, um bestimmte Verhaltensweisen zu fördern oder zu hemmen.“ Quelle: „Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein“ von Armin Falk

Von Hans Klumbies

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