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Normale entdecken die Irrationalität

Esoterik war früher ein amüsantes Thema für gelangweilte Ladys, die zu viel Zeit hatten. Mit Horoskopen befasste man sich augenzwinkernd zur allgemeinen Gaudi. Doch natürlich nahm den ganzen Unsinn niemand ernst. Dann bestand auf einmal die Gefahr, dass schlichte Gemüter das alles tatsächlich glauben könnten. Daher haben Wissenschaftler wie Hans Jürgen Eysenck und andere in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts die Unhaltbarkeit von Astrologie und anderem Blödsinn zweifelsfrei nachgewiesen. Manfred Lütz stellt fest: „Doch da war es schon zu spät, da rollte die Welle der Irrationalität bereits unaufhaltsam. Und so haben dieses Thema auch die Normalen für sich entdeckt.“ Mit Akribie versenkt man sich in die dunklen, aber possierlicherweise definitiv lösbaren Geheimnisse dieser Welt. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.

Die Menschheit ist vom Blödsinn begeistert

In ganz normalen Steinen vermuten, ja wissen diese ganz Normalen die ungeahnten Energien, die ihnen selbst fehlten. Mit Wünschelruten rennen sie über unwegsames Gelände, um Wasseradern zu finden. Und sie glauben felsenfest an unbekannte Flugobjekte, bemannt mit Wesen von so überlegener Intelligenz. Eigentlich müsste man sich fragen, was die an einer so vom Blödsinn begeisterten Menschheit interessant finden sollten. Ein Mangel an Bildung und dafür eine gehörige Halbbildung begünstigen die abwegige Vorstellung, über irgendwelches geheime Wissen könnte man holterdiepolter zum Kern der Dinge gelangen.

Angesichts dieses allgemein herrschenden real existierenden ganz normalen Blödsinns würde Sokrates ironisch lächeln, Buddha milde, und Luther würde es die Zornesröte ins Gesicht treiben. Manfred Lütz erklärt: „Wie in der Spätantike gilt: Wer nichts mehr glaubt, glaubt alles. Um bloß nichts falsch zu machen, bependeln ausgewachsene Akademiker irgendwelche Gegenstände, um zu erfahren, was sie nun eigentlich tun sollten. Sie gehen zu Wahrsagerinnen oder lassen sich Karten legen.“

Ein unendliches Leben wäre die Hölle

Man redet umstandslos mit Menschen im Jenseits, als säßen die hier am Tisch, und hält sich dabei für robust normal, während im psychiatrischen Krankenhaus um die Ecke die Medikamente erhöht werden, wenn ein Patient wieder Stimmen hört. Manfred Lütz will keine Missverständnisse aufkommen lassen: Zusammen mit Gleichgesinnten aus irgendwelchen blödsinnigen Gründen Menschen im Jenseits zum Reden zu zwingen, ist keine Krankheit. Es ist Blödsinn. Ganz normaler Blödsinn.

Gegen die drängende Todesangst gibt man sich nicht bloß der allgegenwärtigen Gesundheitsreligion hin, um dem Tod vielleicht doch noch durch gesundheitsbewusstes Verhalten ein Schnippchen zu schlagen. Damit nichts schiefgehen kann, glaubt man sicherheitshalber gleich noch an die Wiedergeburt. Freilich waren sich die Weisen aller Völker in Wenigem einig, in einem aber doch: dass das unendliche Leben die Hölle sein müsse. Quelle: „Neue Irre!“ von Manfred Lütz

Von Hans Klumbies

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