Es gibt nötige und unnötige Konflikte
Bei der Sortierung von Konflikten gibt es ein Problem: „Unnötig“ ist ein Konflikt zumeist aus einer individuellen Perspektive. Der andere hingegen mag ihn für „nötig“ halten. Dazu sagt Reinhard K. Sprenger: „Sobald Sie an dem festhalten wollen, was Sie verbindet, ist das Problem des anderen auch Ihr Problem! Wenn Sie jedoch sagen: „Das ist nicht mein Problem“, dementieren Sie das Gemeinsame.“ In einer Kooperationsarena – egal, ob Beziehung oder Unternehmen – ist das Problem des einen das Problem des anderen. Eine wichtige Fähigkeit besteht darin, nötige von unnötigen Konflikten zu unterscheiden. Der Konfliktgeübte weiß, wann es sich zu kämpfen lohnt, sich einzusetzen, weil der Wirkungsgrad des Konfliktgegenstandes erheblich ist. Reinhard K. Sprenger zählt zu den profiliertesten Managementberatern und wichtigsten Vordenkern der Wirtschaft in Deutschland.
Der Rebellische ist grundsätzlich gegen alles
Und der Konfliktgeübte weiß auch, dass nicht jedes kleine Problem das Abendland untergehen lässt. Oder wann aussichtslosen Konflikten aus dem Weg zu gehen ist. Hingegen kann der Konfliktscheue den nötigen Konflikt nicht von unnötigen trennen. Der Konfliktscheue bleibt in Deckung, auch wenn entschiedenes Ausstehen angezeigt wäre. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Das ist jener, der problemlos zustimmt, wenn jemand sagt, dass das Wasser den Berg hinauffließt.“ Er ist zudem jemand, der zum Relativismus neigt.
Der Konfliktscheue legt sich seine Passivität als Weisheit zurecht. Außerdem trägt er nichts zum Fortschritt bei, weil er Auseinandersetzungen aus dem Weg geht. Der Rebellische kann ebenso wenig den nötigen Konflikt vom unnötigen unterscheiden. Er wählt nicht wirklich sein Verhalten, er wägt nicht ab, sondern geht reflexhaft in die „Gegen-Anpassung“. So nennt die Psychologie dieses Gebaren. Er ist grundsätzlich dagegen, wogegen auch immer. Erst im Widerstand fühlt er sich wohl. Dieses Leben ist anstrengend.
Ludwig Wittgenstein hat Klärendes über Konflikte gesagt
Allerdings fühlt es sich für den Rebellischen selbst richtig an. Ob es sich für andere richtig anfühlt, ist offen. Es könnte gut sein, dass der Sinn seines Lebens nur darin besteht, allen anderen als Warnung zu dienen. Reinhard K. Sprenger hat dazu eine gute Nachricht: „Sie können immer wählen, ob Sie sich den Umgang mit diesen Zeitgenossen antun wollen. Auch einen Chef kann man abwählen.“ Wer versuchte, diese Sortierung von Konflikten quantitativ zu wägen, gelangt an ein Paradox.
Es gibt gleichzeitig zu viele und zu wenige Konflikte. Zu viele unnötige und zu wenig nötige. Wer unnötige Konflikte vermeiden möchte, dem empfiehlt Reinhard K. Sprenger den österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein zur Lektüre. Denn er hat dazu Klärendes gesagt. Der Konflikt muss ja nicht gleich wie bei Tristan und Isolde ins Grab führen, weil alle Versuche misslangen, sich über den Trennungsschmerz hinwegzutrösten. Reinhard K. Sprenger beschreibt den Konflikt als das Normale und Produktive und wirbt für den Fortbestand einer Unordnung jenseits des äußeren Scheins, den sowohl Individuen als auch Institutionen bevorzugen. Quelle: „Die Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger
Von Hans Klumbies