Selbstmitgefühl bietet Trost und Unterstützung
Wenn es einem Menschen schlechtgeht, ist es hilfreich, das eigene Leid zunächst zu sortieren und richtig wahrzunehmen. Leider haben aber viele Menschen nicht gelernt oder wieder verlernt, zu erspüren, warum es ihnen nicht gutgeht und was ihnen möglicherweise fehlt. Werner Bartens nennt ein Beispiel: „Sie erkennen dann beispielsweise nicht, dass ein Großteil ihres Unbehagens damit zusammenhängt, dass sie sich permanent selbst fertigmachen, weil sie den eigenen, viel zu hoch gesetzten Ansprüchen nicht genügen und diesen Kampf nur verlieren können.“ Es gibt inzwischen eine Reihe von Übungen und Meditationspraktiken, die dabei helfen, das verschüttete Selbst wieder freizulegen. Wer das hinbekommt und Selbstmitgefühl entwickelt, blendet schmerzhafte Einsichten und Emotionen zwar nicht aus, schützt sich aber davor, sich mit den negativen Grübeleien und Vorwürfen über alle Maßen zu identifizieren. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.
Das geplagte Ich benötigt Zuspruch und Ermutigung
Wer sich von seinen negativen Gefühlen leiten lässt und in unversöhnlicher Weise an seinen Schwächen reibt, verstärkt sein Leid nur noch und entwertet die eigene Person immer mehr. Werner Bartens fügt hinzu: „Zudem kreist er nur noch um sich selbst und ist kaum noch offen für andere Menschen und Sichtweisen. Die eigenen Fehler werden übertrieben, und man nimmt sich nur noch als Mängelwesen wahr, das nicht nur einen Fehler gemacht hat, sondern selbst der Fehler ist.“ Eigenes Leid und gelegentliche Misserfolge werden dann sofort und fast ausschließlich mit negativen Gedanken und Gefühlen in Verbindung gebracht.
Selbstmitgefühl richtet sich hingegen auf das Erlebte und Erfahrene und bietet Trost und Unterstützung. Nicht Selbstkritik, sondern Ermutigung und Zuspruch für das geplagte Ich stehen im Vordergrund. So leiden zum Beispiel Mensch mit größerem Selbstmitgefühl unter Angst und Depressionen. Umgekehrt ist bekannt, dass ständige Selbstzweifel und harsche Selbstkritik dazu beitragen, dass Menschen ängstlicher sind und eher depressiv werden. Menschen mit Talent zum Selbstmitgefühl nehmen sich mitsamt all ihrer Unzulänglichkeiten in freundlicher Güte an.
Das Selbstmitgefühl steigert die seelische Widerstandskraft
Das Selbstmitgefühl steigert nicht nur die Resilienz, wie der Schutz vor psychischen Beschädigungen und die seelische Widerstandskraft genannt wird. Es tut auch unmittelbar dem Körper gut. Das Selbstmitgefühl beruht auf dem Wissen, dass man schon gut ist, wie man ist – mit allen Schwächen, Macken und Fehlern. Werner Bartens ergänzt: „Um sich wertzuschätzen und gütig mit sich selbst umzugehen, muss man nicht herausragend und erst recht nicht besser sein als andere.“ Das Mitgefühl mit sich selbst verbessert außerdem die Motivation, etwas zu ändern, zu lernen oder anderweitig zu verbessern.
Auch an ihren guten Vorsätzen halten Menschen mit ausgeprägtem Selbstmitgefühl länger und intensiver fest. Selbst wenn es nicht auf Anhieb klappt oder sie Rückschläge erleiden, behalten sie die Motivation, erneut einen Versuch zu starten und sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen. Menschen, die gut für sich sorgen und sich Fehler verzeihen, schaffen es eher, mit dem Rauchen aufzuhören oder ein Fitnessprogramm zu starten. Der Grund liegt in mitfühlender Selbstsorge und dem Wunsch, sich etwas Gutes zu tun. Quelle: „Empathie“ von Werner Bartens
Von Hans Klumbies