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Ein Teil der Arbeit ist nicht mehr notwendig

Herbert Marcuse scheibt: „Gerade der Fortschritt der Kultur und Zivilisation unter dem Leistungsprinzip hat einen Stand der Produktivität mit sich gebracht, angesichts dessen die Ansprüche der Gesellschaft auf Verausgabung von Triebenergie in entfremdeter Arbeit um ein Beträchtliches vermindert werden könnten.“ Sigmund Freuds Argument der Knappheit mag für vergangene Zeiten Gültigkeit besessen haben, doch heutzutage dient scheinbare Knappheit ideologisch dazu, die Menschen weiterarbeiten zu lassen, auch wenn ein Teil dieser Arbeit nicht mehr notwendig ist, um die Bedürfnisse zu erfüllen. Stuart Jeffries ergänzt: „Dieser Teil bildet mithin einen Überschuss, der die Herrschaft der Kapitalisten über die Arbeiter stützt.“ Die ideologische Funktion harter Arbeit gibt es wohl nach wie vor. Stuart Jeffries arbeitete zwanzig Jahre für den „Guardian“, die „Financial Times“ und „Psychologies“.

Die Arbeitsbedingungen sind trostlos und ungerecht

Was Herbert Marcuse als „Trostlosigkeit und Ungerechtigkeit der Arbeitsbedingungen“ und als die „friedliche Unterordnung der Arbeiter unter das Gesellschaftssystem der bürgerlichen Welt“ bezeichnete, gilt heute nicht weniger als vor sechzig Jahren. Stuart Jeffries stellt fest: „Allerding kritisierte Marcuse in „Eros und Kultur“ nicht Bullshit-Jobs als solche; er führt vielmehr an, dass eine durch entfremdete Arbeit erreichte erhöhte Produktivität die Knappheit beseitigt habe, die es erforderlich gemacht habe, dass wir hart arbeiten.“

Das Problem in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften ist somit heute nicht mehr Knappheit, sondern das Fehlen einer gerechten, angemessenen Verteilung der Ressourcen. Herbert Marcuses optimistische Vision besteht darin, dass der Arbeitstag verkürzt wird, dass die Bedürfnisse aller Menschen durch eine bessere Verteilung von Gütern und Dienstleistungen und eine bessere Aufteilung der Arbeit erfüllt werden und dass infolgedessen erotische Energien freigesetzt werden können.

Der Eros wird vom Logos unterdrückt

Erotische Energien auf diese Weise freizusetzen, so Herbert Marcuse, würde die Menschen von der Art genitaler Fixierung befreien, die er bei Wilhelm Reich bemängelt. Stuart Jeffries erläutert: „Der Körper, der nicht mehr lediglich als Arbeitsinstrument funktionieren muss, könne resexualisiert werden.“ Herbert Marcuse weist darauf hin, dass die Philosophie über zu lange Zeit das „Sein“ als reines, abstraktes Bewusstsein behandelt habe. Der Eros wird vom Logos unterdrückt.

Auch der Kapitalismus schränkt den Eros ein, indem er ihn unter genitale Vorherrschaft zwingt und in den Dienst der Monogamie und Fortpflanzung stellt. Es wird jedoch nicht ganz klar, wie sich die Sexualpraktiken verändern würden, wenn der Eros befreit ist. Herbert Marcuse verdammt zwar beispielsweise Koprophilie und Homosexualität nicht, aber er bemerkt, dass sie in einer nichtdepressiven Gesellschaft „mit einem Fortschritt zu höheren Formen kultureller Freiheit vereinbar sind“. Damit wollte Herbert Marcuse andeuten, dass sich Sexualpraktiken von ihrem derzeitigen Zustand weiterentwickeln. Quelle: „Grand Hotel Abgrund“ von Stuart Jeffries

Von Hans Klumbies

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