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Männer haben Lust am Untergang

„Frauen sind Gemälde, Männer sind Probleme“, hat Oscar Wilde mal geschrieben. Für Tobias Haberl sind Männer Gemälde und Frauen Problemlöser, wie wissen wie man Kalkreste aus dem Wasserkocher bekommt: Männer haben immer ein bisschen Lust am Untergang. Männer ziehen sich in Wälder zurück, wenn sie die Menschheit nicht mehr ertragen (Henry David Thoreau).“ Sie tapezieren die Wände ihres Schlafzimmers mit Kork, legen sich ins Bett und schreiben einen Jahrhundertroman (Marcel Proust). Oder sie gehen auf den Champs-Élysées spazieren und werden von einem herunterfallenden Ast erschlagen (Ödön von Horváth). Frauen sind für Tobias Haberl seine Mutter, die den Sand aus seinen Tennissocken wäscht. Der Literaturwissenschaftler Tobias Haberl schreibt für das „Süddeutsche Zeitung Magazin“. Sein letztes Buch „Die große Entzauberung – Vom trügerischen Glück des heutigen Menschen“ wurde ein Bestseller.

Bei Männern gab es nur Triumph oder Tod

Unter Frauen versteht Tobias Haberl pragmatische Wesen, die mit hausfraulicher Geduld jede Schwierigkeit meistern und beim Anblick eines Mühlrads nicht gleich ans Sterben denken. Und dann sind da noch die unerreichbaren Frauen, die es in Wahrheit gar nicht gibt oder die zu weit weg sind. Dabei handelt es sich um Wesen aus einer anderen Welt, auf der Leinwand und in den Zeitschriften. Wie hätte Tobias Haberl begreifen sollen, dass er keine weiblichen Stimmen vernahm, weil sie in einer männerzentrierten Gesellschaft überhört, ignoriert oder mundtot gemacht wurden?

Es sind ihr Fetisch des „win or lose“, ihre Unvollkommenheit und kindische Selbstüberschätzung, die Tobias Haberl bei Männern anzieht. Roger Willemsen, einer der größten Männer Deutschlands, hat mal geschrieben, „Wie are the Champions“ von Queen und „I`m a loser, baby, so why don`t you kill me? von Beck seien die beiden liturgischen Zeilen der Popkultur – Triumph oder Tod, alles andere ist nicht der Rede wert. Tobias Haberl erklärt: „Die Idole meiner Jugend sind strahlende Sieger oder jämmerliche Verlierer, Kämpfer oder Zweifler, harte Hunde oder verzärtelte Flaneure, die alles sind, nur nicht gewöhnlich.“

Männlichkeit hat ihren positiven Klang verloren

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts fliegen den Männern diese Heroisierungsgeschichten um die Ohren. „Männlichkeit hat ihren positiven Klang verloren“, schreibt der Journalist Rainer Hank. Es handelt sich dabei um nichts anderes als Rollenbilder, performativ hergestellt und sozial konstruiert zur Legitimation und Durchsetzung von Macht. Tobias Haberls Helden von damals sind die Lachnummern von heute: Clint Eastwood, Sylvester Stallone, Bruce Willis, unreife Ego-Maschinen, die auf andere eindreschen, um sich ein bisschen geiler vorkommen zu können.

Heute ist tatsächlich alles, was in Tobias Haberls Jugend cool war, fragwürdig, peinlich oder verboten. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen, was leichter gesagt als getan ist. Tobias Haberl nennt ein Beispiel: „Ein schlecht rasierter Typ, der allein am Tresen steht, ist nicht mehr lässig, sondern deprimierend, wenn er nicht gerade auf sein Tinder-Date wartet.“ Eine weiße Frau mit großen Brüsten ist kein Sexsymbol mehr, sondern diversitätsfeindlich. Und ein Surfer, der mit dem VW-Bus durch die Welt gondelt, kein Romantiker, sondern ein Klimasünder. Quelle: „Der gekränkte Mann“ von Tobias Haberl

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