Weiterentwicklung ist das A und O des Lebens
Warum sollte sich ein Mensch weiterentwickeln wollen? Vom individuellen Standpunkt aus liegt die Antwort für John Bargh auf der Hand: „Um glücklicher, gesünder und erfolgreicher zu werden.“ Aber kein Mensch existiert für sich allein. Er entwickelt sich nicht in einem Vakuum. Er schickt kleine Wellen in alle Richtungen, so wie er auch die Wellen anderer empfängt. Nur wer sich wirklich weiterentwickelt, hat die Chance, auch seine Gemeinschaft und im weiteren Sinne seine Welt weiterzuentwickeln. Aber für diesen Prozess ist etwas vonnöten, was oftmals Mangelware zu sein scheint: Demut. Die Demut, zu akzeptieren, dass man nicht immer bis ins Kleinste versteht, warum man tut, was man tut. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University. Dort leitet er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory.
Selbstzweifel sollte man zulassen
John Bargh sagt nicht, dass es leicht ist, das zu akzeptieren. Das ist es beileibe nicht. Doch sobald man diesen Selbstzweifel zulässt, so unangenehm er auch sein mag, kommen andere Dinge zum Vorschein. Zum Beispiel Neugier, Überraschung, neue Ideen, die Überprüfung bislang nicht hinterfragter Annahmen. Vielleicht sogar harte, aber wichtige Erkenntnisse, und schließlich wundersamerweise Veränderung. Bewusste und unbewusste geistige Prozesse leisten unterschiedliche Dinge.
Würden sie dieselben Dinge leisten beziehungsweise nicht leisten, wäre eine der beiden überflüssig, und der Mensch hätte nicht beide entwickelt. Es ist also nicht so, dass der eine schlecht ist und der andere gut. Sie sind beide gut, aber jeweils nur in ihrem eigenen Bereich. Sie arbeiten meist harmonisch und dynamisch zusammen. Der eine ist die Ursache für den anderen und umgekehrt. So klingen beispielsweise bewusste Erfahrungen in der einen Situation in der nächsten Situation noch nach, ohne dass man es bemerkt.
Man sollte mit seinen Wünschen vorsichtig sein
In unbewussten Prozessen findet eine Arbeit an wichtigen Problemen und Zielen statt. Antworten und Lösungen dringen in das Bewusstsein ein. Unbewusste Ziele lenken die bewusste Aufmerksamkeit auf Dinge, die für das Erreichen dieser Ziele relevant sind und veranlassen einen Menschen, sie sich zunutze zu machen. Beide Teile dieses Prozesses gehören zu einer Person, nicht nur der bewusste. Zusammen bilden sie das reale, innere Ich. Deshalb muss man vorsichtig mit seinen Wünschen sein.
Denn diese bewussten Wünsche können sich auf unbewusste Weise manifestieren, wenn man es am wenigsten erwartet. Und sie können einen Menschen dazu bringen, etwas zu tun, was er besser unterlassen würde. Starke Bedürfnisse können unbeabsichtigte Folgen haben. Etwa wenn man in hungrigem Zustand einkaufen geht. Denn die Umgebung sendet Auslöserreize aus, die sich auf das Verhalten auswirken, und auch Prime-Reize, die Einfluss auf einen Menschen auslösen können, ohne dass er es merkt. Quelle: „Vor dem Denken“ von John Bargh
Von Hans Klumbies